taz 23.8.2000
Zwei Rechtsradikale stechen jungen Mann nieder
Vorfälle in Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein.
Drastische Strafen für Männer, die in einem Bus rechtsradikale Lieder und Parolen grölten
HALBERSTADT dpa/epd/ap Zwei rechtsextreme junge Männer haben nach Polizeiangaben am späten Montagabend in Halberstadt einen jungen Mann mit einem Messer niedergestochen. Wie die Behörden am Dienstag mitteilten, liegt der 17-jährige Deutsche derzeit auf der Intensivstation eines Krankenhauses.
Der Hintergrund der Tat sei noch unklar. "Der Geschädigte und die Tatverdächtigen sind in Halberstadt wohnhaft und kennen sich", hieß es im Polizeibericht. Zwei völlig betrunkene 19- und 20-Jährige - wegen politisch motivierter Straftaten bereits polizeibekannt - wurden in einer Gartenlaube bei Halberstadt vorläufig festgenommen. Dort beschlagnahmte die Polizei umfangreiches Propagandamaterial. Sie geht davon aus, dass die Gartenlaube ein Treffpunkt und Aufenthaltsort für Angehörige der rechten Szene war.
In der schleswig-holsteinischen Kleinstadt Barmstedt haben drei Skinheads einen 32-jährigen Afrikaner verprügelt. Wie die Staatsanwaltschaft Itzehoe erst gestern mitteilte, überfielen die Täter den Mann am Samstag auf einem Volksfest, das er mit seiner Familie besucht hatte. Sie schlugen den Mann zunächst und traten dann mit Stiefeln gegen ihr am Boden liegendes Opfer. Der Mann erlitt Abschürfungen und Prellungen.
Die drei mutmaßlichen Täter wurden festgenommen, gegen zwei im Alter von 20 Jahren wurde wegen Wiederholungsgefahr Haftbefehl erlassen. Gegen einen der Inhaftierten wird bereits seit längerem ermittelt. Dabei geht es um eine Serie von Anschlägen gegen den Elmshorner IG-Metall-Chef Uwe Zabel. Mehrfach hatte die rechte Szene Mordaufrufe gegen den Gewerkschafter veröffentlicht und dessen Büro attackiert.
Mit drastischen Strafen von bis zu zehn Monaten Haft ohne Bewährung endete am Dienstag der Bochumer Prozess gegen neun Rechtsextreme aus dem Umfeld der NPD. Die 16 bis 21 Jahre alten Angeklagten, unter denen sich auch zwei Bundeswehrsoldaten befanden, gehörten einer Gruppe von rund 20 Jugendlichen an, die am 28. Dezember 1999 die Insassen eines Herner Linienbusses mit Naziparolen und Gewalt verherrlichenden Liedern terrorisiert hatten.
"Sie haben eine Stimmung von Angst und Schrecken verbreitet", erklärte die Vorsitzende Richterin des Bochumer Bezirksjugendschöffengerichts in der Urteilsbegründung. Über mehrere Haltestellen hinweg habe eine Atmosphäre geherrscht, die durchaus als Pogromstimmung bezeichnet werden könne.