Berliner Zeitung, 24.8.2000
CDU uneins über Panzergeschäfte mit Griechenland und Türkei
Menschenrechtspolitiker lehnt Waffenexport an Ankara ab / Breuer fordert Gleichbehandlung innerhalb der Nato
Sigrid Averesch
BERLIN, 23. August. In der CDU herrschen unterschiedliche Ansichten über die Lieferung von Kampfpanzern des Typs Leopard 2 A5 an die Türkei. Während der CDU-Europapolitiker Friedbert Pflüger und der verteidigungspolitische Sprecher CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Paul Breuer, das Rüstungsgeschäft befürworten, lehnt der menschenrechtspolitische Sprecher der Fraktion, Hermann Gröhe, derzeit den Export von Panzern an die Türkei ab. "Ich habe gegenwärtig Bedenken gegen ein solches Geschäft", sagte Gröhe am Mittwoch der "Berliner Zeitung". "Die Türkei muss noch ein gehöriges Stück bei der Verwirklichung der Menschenrechte gehen", begründete Gröhe seine Haltung.
Der CDU-Verteidigungspolitiker Breuer hatte zuvor gefordert, das die Bundesregierung nicht nur ein mögliches Panzergeschäft mit Griechenland über 250 Leopard genehmigen, sondern auch der Türkei deutsche Kampfpanzer liefern solle. Die Solidarität des Nato-Bündnisses erfordere eine Gleichbehandlung Griechenlands und der Türkei. Es gebe keinen Nato-Partner zweiter Klasse, sagte Breuer der "Neuen Osnabrücker Zeitung".
Dieser Auffassung widersprach sein Fraktionskollege Gröhe. "Es gibt keine zwingende Verbindung zwischen den beiden Geschäften", betonte er. "Die politische Situation in Griechenland ist anders als in der Türkei." Gröhe verwies dabei auf die Menschenrechtsverletzungen in der Türkei und die Demokratiedefizite. Zwar mache die Türkei derzeit eine spannende Entwicklung durch. "Für eine Rüstungskooperation ist das derzeit aber noch zu wenig", betonte Gröhe. Er verwies zudem darauf, dass die CDU im vergangenen Monat eine stärkere Beachtung der Menschenrechte in der EU-Außenpoltik gefordert habe.
Auslöser der Debatte ist ein mögliches Panzergeschäft mit Griechenland, das sich wie die Türkei für den deutschen Leopard-Panzer des Münchner Rüstungskonzerns Krauss-Maffei-Wegmann interessiert. Griechenland möchte 250 Leopard 2, die Türkei langfristig 1 000 Stück. Während im Falle Griechenlands das Bundeswirtschaftsministerium bereits für den Fall eines Vertragsabschlusses eine Zusage für eine Bürgschaft erteilt hat, kommt derzeit nach Ansicht der rot-grünen Regierung ein Export von Kampfpanzern in die Türkei nicht in Frage. Begründet wird dies mit der Verletzung von Menschenrechten in der Türkei, die sich noch immer gegen die kurdische Minderheit richtet.
Der CDU-Politiker Pflüger bezeichnete am Mittwoch die Haltung der Bundesregierung als undurchdacht und inkonsistent. "Es macht keinen Sinn, der Türkei den EU-Status zu verleihen und ihr gleichzeitig aus Menschenrechtsgründen keine Panzer zu liefern", sagte Pflüger der "Berliner Zeitung". "Allein auf Grund der Nato-Partnerschaft sollte die Türkei ohne größere Schwierigkeiten den Panzer erhalten."
Neue Richtlinien
Im Falle der Türkei hat die Bundesregierung bislang nur der Lieferung eines Testpanzers zugestimmt, der inzwischen wieder in Deutschland eingetroffen. Über ein mögliches Geschäft stimmt der Bundessicherheitsrat nach der Entscheidung der Türkei ab, die im kommenden Jahr erwartet wird. Nach den neuen politischen Rüstungsexport-Grundsätzen, die vom Januar stammen, hängt die Genehmigung von Waffenexporten von der Lage der Menschenrechte im Empfängerland ab.