Frankfurter Rundschau, 24.8.2000
Bundesamt überprüft Asylpraxis bei Bürgerkrieg
KARLSRUHE, 23. August (dpa). Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge in Nürnberg muss möglicherweise seine Spruchpraxis bei Asylanträgen von Bürgerkriegsflüchtlingen ändern. Wie Bundesamtssprecher Manfred Michel am Mittwoch bestätigte, werden die Anträge derjenigen Asylbewerber vorerst zurückgestellt, die sich auf politische Verfolgung durch quasi-staatliche Organisationen berufen. Die Behörde reagiert damit auf einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts, der den Schutz solcher Asylsuchenden verbessert hatte. Der Beschluss müsse geprüft werden, so Michel.
Das Gericht hatte sieben Afghanen Recht gegeben, die für das 1992 gestürzte kommunistische Regime tätig gewesen waren. Auch im Bürgerkrieg könne sich nach dem Fortfall der bisherigen Staatsgewalt in einem "Kernterritorium" ein "Herrschaftsgefüge von gewisser Stabilität" bilden, das politische Verfolgung ausüben könne, so die Kammer. Das UN-Flüchtlingskommissariat hatte den Beschluss als wichtige Trendwende in der deutschen Asylrechtsprechung begrüßt.