Frankfurter Rundschau, 28.08.2000
Türkeigeschäft Klose will lockerere Export-Richtlinien
BERLIN, 27. August (ap/rtr). In der Koalition und bei den Grünen herrscht weiter Streit um die Exportgenehmigung für eine Munitionsfabrik in der Türkei. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Hans-Ulrich Klose (SPD), forderte am Wochenende, Rüstungsexporte an Nato-Bündnispartner müssten generell erlaubt sein. Der Streit zeige, dass die Vorschriften zum Rüstungsexport nicht praktikabel seien und geändert werden müssten. Die Richtlinien waren erst vor kurzem nach einer Koalitionskrise über den Export eines Testpanzers an die Türkei verschärft worden.
Die Wehrexpertin der Grünen-Fraktion, Angelika Beer, griff in einem offenen Brief ihren Parteikollegen Außenminister Joschka Fischer wegen dessen Zurückhaltung in der Export-Debatte an. Sie schrieb in der Welt am Sonntag, der Streit um den Export "erfordert von einer rot-grün geführten Regierung aktives, couragiertes Handeln". Dazu gehöre dann "auch bei nicht selbst zu verantwortenden Entscheidungen" wie dem Export der Munitionsfabrik, "Ross und Reiter zu nennen, anstatt sich unter Hinweis auf Geheimhaltung der öffentlichen Kritik entziehen zu wollen". Fischer hatte eine inhaltliche Stellungnahme unter Hinweis auf die Geheimhaltung aber abgelehnt.
Die Chefin des Menschenrechtsausschusses, Claudia Roth (Grüne), widersprach der Aussage führender Grüner, die Genehmigung des Exports sei nicht zu verhindern gewesen: "Man kann nicht sagen, dass allen Voranfragen, die jemals positiv beschieden worden sind, per se zuzustimmen ist", sagte sie.