freie presse online, 03.09.2000

Grüne streiten über Export von Plutoniumfabrik

Kritik auch an Lieferung von Munitionsfabrik an Türkei

Der Export der Plutonium-Brennelemente-Fabrik von Hanau an Russland und die Regierungsentscheidung zur Lieferung einer Munitionsfabrik an die Türkei stoßen bei den Grünen weiter auf Kritik. Die niedersächsische Landesvorsitzende Heidi Tischmann verlangte mit Blick auf die Exportgenehmigung für die Hanauer Brennelemente-Fabrik, zu der sich Außenminister Joschka Fischer (Grüne) öffentlich bekannt hatte, "mehr Rückgrat" von Partei- und Fraktionsspitze. Der Streit dürfte die Klausurtagung der Grünen-Bundestagsfraktion am Donnerstag im brandenburgischen Joachimsthal belasten.

"Wir werden dort diskutieren müssen, wie die Informationsstränge zwischen Auswärtigem Amt und Fraktion verbessert werden können", sagte der Abgeordnete Christian Simmert.

Der Export der Munitionsfabrik an die Türkei sei vor allem vor dem Hintergrund der neuen Waffen-Exportrichtlinien "politisch nicht tragbar", kritisierte Simmert. Die Abgeordnete Claudia Roth forderte eine Aussprache über die Verbindlichkeit der neuen Richtlinien. "Hier geht es um die Glaubwürdigkeit rot-grüner Menschenrechtspolitik", sagte sie. Roth plädierte dafür, bei Entscheidungen über Waffenexporte künftig das Parlament einzubeziehen.

Auch die frühere Parteivorsitzende Antje Radcke forderte, Waffenexportentscheidungen künftig "nicht mehr unter Ausschluss der Öffentlichkeit im geheim tagenden Bundessicherheitsrat zu entscheiden", sondern Entscheidungsprozesse offen und transparent zu gestalten. Die rot-grüne Regierung müsse ein "deutliches Zeichen setzen, dass es jetzt anders läuft als in der Vorgängerregierung".

Zu mehr Gelassenheit rief die energiepolitische Sprecherin der Fraktion, Michele Hustedt, auf. "Die Grünen haben deutlich gemacht, dass sie alles unternehmen wollen, um den Export zu verhindern", sagte sie. Eine Verglasung und Endlagerung sei der bessere Weg zur Vernichtung waffenfähigen Plutoniums. Die Grünen dürften ihren Einfluss auf solche internationalen Entscheidungen aber auch nicht überschätzen. "Wofür wir uns allerdings einsetzen können, ist, dass hierfür keine deutschen Steuergelder ausgegeben werden."

(AFP)