Frankfurter Rundschau, 5.9.2000
Polizei wehrt sich gegen "falsche Verdächtigungen"
kcb BERLIN, 4. September. Die Brandenburger Polizei hat Anzeige wegen "Verleumdung" und "falscher Verdächtigungen" erstattet, die im Zusammenhang eines ausländerfeindlichen Übergriffs in Rathenow vor zehn Tagen gegen sie erhoben worden sind. Die beiden Polizistinnen, die mit übermäßiger Härte gegen das Opfer, einen britischen Fotojournalisten chinesischer Abstammung, vorgegangen sein sollen, wehren sich gegen die Darstellung eines Augenzeugen. Dessen Aussage zufolge haben die Beamtinnen dem Fotografen die Arme auf den Rücken gedreht und ihn in einen Streifenwagen gestoßen. Die Polizistinnen behaupten dagegen, sie hätten das Opfer wegen Verständigungsschwierigkeiten lediglich am Arm gefasst und zum Auto begleitet. Die Bearbeitung einer Dienstaufsichtsbeschwerde wurde ausgesetzt.
Die Potsdamer Initiative "Opferperspektive" wirft Brandenburgs Innenministerium vor, "aus einer Wagenburgmentalität heraus Kritik an polizeilichem Fehlverhalten als Imageproblem zu betrachten und zurückzuweisen". Die Klage sei ein Signal, "künftig jede Kritik an polizeilichem Fehlverhalten zu unterlassen", und offenbare ein "problematisches Demokratieverständnis" der Polizei.
Einen Strafantrag wegen übler Nachrede erhob der Polizeipräsident von Oranienburg auch gegen die Opferinitiative. Diese habe den Beamtinnen nach dem Übergriff in einer Presseerklärung Gewaltanwendung unterstellt und sich auf Zeugenaussagen berufen, begründete ein Präsidiumssprecher den Strafantrag: "Das wurde als Tatsachenbehauptungen in den Raum gestellt. Ein Konjunktiv hätte den Herren vom Verein besser zu Gesicht gestanden."