Neue Hoffnung im Kampf gegen Malaria
Von Ludger Weß
Eine neue Entdeckung US-amerikanischer Forscher lässt hoffen, dass bald ein Mittel gegen die Tropenkrankheit Malaria gefunden wird.
Molekularbiologen aus Maryland haben herausgefunden, wie sich der Malaria-Erreger in den roten Blutkörperchen des Menschen mit Nährstoffen versorgt. Jetzt wird nach Substanzen gesucht, mit denen man den Parasiten "verhungern" lassen kann.
Noch immer ist die Malaria der Killer Nummer eins unter den Infektionskrankheiten. Jahr für Jahr infizieren sich 300 bis 500 Millionen Menschen, bis zu 2,7 Millionen sterben daran. Trotz aller Bemühungen gibt es bislang keinen Impfstoff und keine zuverlässige Vorbeugung oder Therapie.
Schlimmer noch - die Malaria ist auf dem Vormarsch, weil die Erreger in vielen Gegenden Afrikas, Asiens und Südamerikas gegen Malaria-Medikamente immun geworden sind. Klimaveränderungen und Resistenzen gegen Insektenvernichtungsmittel begünstigen die Ausbreitung der Fiebermücke, die Malaria überträgt.
Damit droht auch eine geographische Expansion in Gebiete, aus denen die Malaria im 20. Jahrhundert verdrängt wurde. Dazu gehören nicht nur die Mittelmeeranrainer und der Balkan. Auch in Deutschland gab es vor 100 Jahren noch kleine Malaria-Gebiete zwischen Emden und Oldenburg - eine bestimmte Art der Fiebermücke ist an der Nordseeküste angesiedelt. Italien, die Türkei, Bulgarien und einige südliche US-Bundesstaaten haben bereits vereinzelte Malaria-Infektionen zu verzeichnen. Den südlichen GUS-Staaten steht nach Ansicht von WHO-Experten eine ganze Epidemie bevor.
Die Situation ist so dramatisch geworden, dass im letzten Jahr 350 Wissenschaftler in einem Appell an die Verantwortlichen des United Nations Environment Programme (Unep) die Aufhebung des weltweiten DDT-Verbots forderten. Dieses umstrittene Insektizid hatte sich in den 60er Jahren als äußerst effektives Mittel zur Ausrottung der Malaria-Mücke erwiesen, war aber wegen seiner Umwelt- und Gesundheitsschädlichkeit in Verruf geraten.
Die Malaria wird durch einen Erreger verursacht, der durch einen Stich der Fiebermücke ins Blut gelangt. Dort vermehrt er sich in den roten Blutkörperchen mit rasender Geschwindigkeit. Schon nach 48 Stunden ist eine infizierte Blutzelle mit bis zu 30 neuen Parasiten so prall gefüllt, dass sie platzt. In einer Kettenreaktion werden immer mehr Blutkörperchen befallen.
Der Erreger vermehrt sich jedoch nur dann so rasant, wenn er in den Blutzellen ausreichend mit Vitaminen und Nährstoffen versorgt ist. Die US-Forscher berichten jetzt im Wissenschaftsmagazin Nature, dass der Malaria-Parasit seine Versorgung organisiert, indem er die Wand der Blutzellen durchlöchert und eine Art Strohhalm installiert, mit dem er bestimmte Nährstoffe in das Innere der Blutkörperchen befördert. Umgekehrt transportieren die Kanäle Ausscheidungen des Parasiten nach draußen.
Da es die speziellen Öffnungen nur in infizierten Blutkörperchen gibt, sind sie der Ansatzpunkt für neue Medikamente. Biotechnologie und Pharmaindustrie mit ihren Wirkstoff-Bibliotheken suchen jetzt nach Substanzen, mit denen die Versorgungskanäle verstopft werden können. Ziel ist, dass der Parasit im Innern der Zellen "verhungert". Auch ein Wirkstoff, der die Nahrungsschleuse so verändert, dass auch Salze und Wasser aus dem Blut eindringen, könnte helfen. Dann nämlich würden die infizierten Zellen platzen, noch bevor die neuen Erreger reif sind.
Die neuen Erkenntnisse sollten noch mehr Pharma-Unternehmen veranlassen, dem 1998 von der Weltgesundheitsorganisation WHO initiierten "Roll Back Malaria"-Programm beizutreten. Die Initiative hat den Hintergrund, dass die Pharma-Industrie die Forschung zur Bekämpfung von Tropenkrankheiten zu Beginn der 90er Jahre fast völlig aufgegeben hatte - mit Arme-Leute-Krankheiten lässt sich kein Geld verdienen. Teil der WHO-Initiative ist die Suche nach neuen Malaria-Wirkstoffen. Angeschlossen haben sich bislang unter anderen der britische Wellcome Trust, die Roche AG und zahlreiche japanische Pharma-Unternehmen. Sie stellten Geld und Wirkstoffkandidaten aus ihren Vorratsschränken zur Verfügung.
Neue Medikamente allein werden die Malaria jedoch nicht ausrotten. Die Erreger sind bislang noch jedes Mal innerhalb einiger Jahre resistent geworden. Daher konzentrieren sich Biologen auf die Erforschung der Mücke, die Malaria überträgt. Wichtigster Erfolg ist die Entwicklung einer Methode, mit der Gene ins Erbgut der Fiebermücke übertragen werden können. Diese Technik erlaubt es, die Mücke genetisch so zu manipulieren, dass sie den Erreger nicht mehr übertragen kann.
Wenn das gelingt, müsste dieser neue Mückenstamm in großem Stil gezüchtet und in Malaria-Gebieten ausgesetzt werden. Dort kann sie zwar die einheimischen Mücken nicht verdrängen, aber mit einigen genetischen Tricks könnte es gelingen, dass die neuen Gene sich rasch auch unter den einheimischen Mücken verbreiten.
Doch bei aller Begeisterung für die Hightech-Methoden der modernen Biotechnologie sollte nicht vergessen werden, dass ganz einfache Mittel der verarmten Bevölkerung der Entwicklungsländer schon jetzt wirksam helfen können. Ein mit Insektiziden präpariertes Moskito-Netz ist ein guter Schutz und kostet nur ein paar Mark. Leider ist auch das immer noch zu teuer für viele Millionen Menschen.