Bürstadts Parlament bittet um Bleiberecht
Stadtverordnetenversammlung unterstützt mit Mehrheit die Petition der kurdischen Familie Cavuldak aus Riedrode
Von unserem Redaktionsmitglied Andreas Rother
Bürstadt. Aus humanitären Gründen bittet die Bürstädter Stadtverordnetenversammlung den Hessischen Landtag um ein Bleiberecht für die kurdische Familie Cavuldak aus Riedrode. Eine entsprechende Resolution verabschiedete das Parlament gestern Abend mit Mehrheit.
"Vor elf Jahren sind sie der körperliche und seelische Folter in der Türkei entkommen." So schilderte Luciana Catalani-Wilhelm das Schicksal der sechsköpfigen Familie. Seitdem kämpften die Kurden um Asyl in Deutschland - vergeblich. Als Ursache dafür sah die SPD-Abgeordnete "inkompetente Anwälte und unkorrekte Bearbeitung durch Behörden".
"Wir müssen zeigen, dass man so nicht mit Minderheiten umgehen kann", bekräftigte Paul Efthymiadis. Eine Verfolgung von Kurden in der Türkei stand für ihn außer Frage. Schließlich hätten seine Eltern als Angehörige einer griechischen Minderheit dort Ähnliches erlebt. "Wir in Deutschland sind besonders in der Pflicht", verwies er auf Waffenlieferungen der Nato an das türkische Militär.
Bedenken meldete CDU-Fraktionschef Günter Kohl an: Es habe Mitte der 90er Jahre ein Ermittlungsverfahren gegen den Familienvater gegeben, das gegen die Zahlung von 1000 Mark an die Staatskasse eingestellt wurde. Während Kohl von "einem besonders schweren Fall von Landfriedensbruch" sprach, ist in der Petition von einem "Verdacht des Verstoßes gegen das Vereinsgesetz" die Rede. Der Familienvater habe seinerzeit lediglich an einem Hungerstreik in Frankfurt teilgenommen, "um sich friedlich für sein Volk einzusetzen", sagte Catalani-Wilhelm. "Ich wehre mich dagegen, dass versucht wird, Herrn Cavuldak als Verbrecher hinzustellen."
Da sich der Sachverhalt bis zur Sitzung der Stadtverordneten nicht endgültig habe klären lassen, bleibe ein "berechtigter Zweifel", meinte Kohl. "Soweit ich weiß, gilt in unserem Staat jemand so lange als unschuldig, bis ihm das Gegenteil bewiesen wird", reagierte SPD-Fraktionsvorsitzender Franz Siegl. Diese CDU-Bedenken seien sehr verwunderlich: "Wo sich in unserem Land selbst hochrangige Politiker von Anschuldigungen freikaufen können."
Im Übrigen tue das eingestellte Ermittlungsverfahren bei der Resolution nichts zur Sache, betonte Siegl: "Es geht nicht um eine juristische Bewertung, sondern um Menschlichkeit". Die "humanitären Gründe" strich auch BFB-Fraktionschef Manfred Hartmann hervor: "Alles andere ist gegenstandslos." Schließlich habe der Vater Folterungen wie Elektro-Schocks und Schläge mit bleibenden Schäden am Gehör erlitten. "Ich als praktizierender Christ kann es nicht im Geringsten verantworten, diese Menschen auch nur dem Risiko einer solchen Gefährdung auszusetzen."
Bei der Abstimmung votierte ungefähr ein halbes Dutzend CDU-Abgeordneter gegen die Resolution, etwa ebenso viele für die Bitte um ein Bleiberecht, und der Rest der Union enthielt sich. Die Sozialdemokraten und die BFB-Politiker unterstützten ausnahmslos die Petition.