Ergebnislose Nahostgespräche in New York
Rüstungspolitische Diskussionen Clintons mit Putin
Die von Präsident Clinton in New York geführten Nahostgespräche haben zu keiner Annäherung zwischen den Palästinensern und den Israeli geführt. Meinungsverschiedenheiten prägten auch das Treffen Clintons mit dem russischen Präsidenten Putin.
Tz. New York, 7. September
Die Hoffnung von Präsident Clinton, am Rande des Millennium-Gipfels der Uno doch noch einen Durchbruch in den Nahostgesprächen erzielen zu können, sind enttäuscht worden. Der Sprecher des Weissen Hauses, Joe Lockhart, musste mitteilen, dass Clinton den israelischen Ministerpräsidenten Barak und den Palästinenserführer Arafat am Mittwochnachmittag in separaten Gesprächen nicht zu einer weiteren An näherung ihrer Standpunkte hatte bewegen können.
Die Meinungsverschiedenheiten betreffen weiterhin in erster Linie den Status von Jerusalem. Lockhart machte an einer Pressekonferenz geltend, dass der Verhandlungsprozess nach diesen ergebnislosen Konsultationen aber noch nicht zusammengebrochen sei, sondern fortgeführt werde. Allerdings vermochte das kaum über den Pessimismus hinwegzutäuschen, der unter den mit der Materie vertrauten Diplomaten vorherrschte. Ein amerikanischer Regierungsvertreter signalisierte gar, dass sich die Positionen seit den fruchtlosen Camp-David-Gesprächen im letzten Juli eher wieder verhärtet hätten.
Auslaufende Zeit
In dieser festgefahrenen Situation rückte naturgemäss die Frage in
den Vordergrund, ob nun die Palästinenser mit der Warnung Ernst machten,
einseitig ihren eigenen unabhängigen Staat auszurufen, falls bis am 13.
September nicht ein Durchbruch in den Verhandlungen erzielt worden ist. Die
Führung der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) will am
Wochenende über diesen Punkt beraten. Arafat wurde in New York nicht nur
von den Amerikanern, sondern auch von einer Reihe europäischer und islamischer
Staats- und Regierungschefs aufgefordert, eine einseitige, das Klima noch weiter
vergiftende Ausrufung des eigenen Staates zu verschieben und sich stattdessen
doch wieder auf die Friedensverhandlungen zu konzentrieren. Etliche Diplomaten
machten geltend, dass aber die Zeit für eine baldige Regelung rasch ablaufe,
da der amerikanische Präsidentschaftswahlkampf nächstens in seine
heisse Phase trete, während die nur über eine knappe Mehrheit verfügende
Regierung Barak im Oktober mit einem neuen Misstrauensantrag in der Knesset
konfrontiert werden dürfte.
Dissonanzen mit Putin
Dissonanzen prägten offenkundig auch das Treffen Clintons mit dem russischen
Präsidenten Putin, der bereits seine Uno-Rede am Mittwochvormittag zu einer
weiteren Attacke auf die amerikanischen Pläne für ein neues Raketenabwehrsystem
genutzt und vorgeschlagen hatte, im nächsten Jahr in Moskau eine internationale
Konferenz gegen die Militarisierung des Weltalls durchzuführen. Clinton
hatte die Weiterverfolgung der Pläne zu einem Raketenabwehrsystem unlängst
zwar seinem Nachfolger im Weissen Haus übertragen, doch betonte er im Gespräch
mit Putin, dass sich die USA nur dann auf weitere Abrüstungsverhandlungen
einlassen könnten, wenn sich die Russen ihrerseits zu konstruktiven Gesprächen
über den anvisierten Raketenabwehrschirm bereit fänden. «Wenn
wir zusammenarbeiten», sagte Clinton, «dann können wir Tausende
von Tonnen von Atomwaffen zerstören und auf dem Balkan gemeinsam für
den Frieden einste hen.» Im Weiteren bekräftigte Clinton die amerikanische
Ablehnung russischer Raketen- und Atomwaffenlieferungen an Iran und brachte
auch den Fall des amerikanischen Geschäftsmanns Pope zur Sprache, der in
Moskau wegen angeb licher Spionage seit April im Gefängnis sitzt.
Um dann zum Abschluss ihrer Konsultationen doch noch ein Signal einer fortbestehenden Kooperationsbereitschaft aussenden zu können, unterzeichneten Clinton und Putin immerhin ein Statement, das beide Länder zum Abschluss eines Abkommens über die Pränotifikation des Abschusses von ballistischen Raketen anhält. Zudem übergaben die Amerikaner den Russen nicht weiter offen gelegte nachrichtendienstliche Informationen über das Unglück des Unterseebootes Kursk; nach Angaben der «New York Times» soll daraus hervorgehen, dass Putin von seiner eigenen Marineführung in den ersten Tagen nach dem Desaster irregeführt worden ist.