Staatschefs sprechen über Weltprobleme
Zum ersten Mal in der Geschichte der Vereinten Nationen haben sich am Donnerstag Staats- und Regierungschefs aus allen Teilen der Welt zur Diskussion über globale Probleme in Arbeitsgruppen zusammengefunden. (Foto: Gruppenbild mit Kanzler Gerhard Schröder, 2. Reihe mitte) Derartige Detailberatungen waren bei früheren UN-Gipfeln Ministern oder untergeordneten Experten überlassen worden. "Jetzt reden da endlich Mal die höchsten Entscheidungsträger völlig ungeschminkt", sagte ein UN-Diplomat.
Die stellvertretende UN-Generalsekretärin Louise Frechette äußerte sich zuversichtlich, dass von den insgesamt vier "runden Tischen" Impulse für die Lösung von Problemen wie etwa der Gestaltung künftiger Friedensmissionen der UN und die Reform der Vereinten Nationen ausgehen werden. Auch Bundeskanzler Gerhard Schröder nahm neben weiteren bilateralen Treffen an den Beratungen einer der Arbeitsgruppen teil, die alle hinter verschlossenen Türen stattfinden.
Anregungen der Treffen an den "runden Tischen" sollen in die Aufgabenstellung des UN-Millenniumsgipfels für die Arbeit der Vereinten Nationen im 21. Jahrhundert Eingang finden. Die Konferenz, an der sich rund 150 Staats- und Regierungschefs beteiligen, soll an diesem Freitag mit einer Millenniums-Deklaration abgeschlossen werden.
Parallel zu den "runden Tischen" wurden in New York die Ansprachen von Gipfelteilnehmern im großen Plenum fortgesetzt. Am späten Nachmittag (Ortszeit) wollten die führenden Vertreter der 15 Mitgliedsstaaten des UN-Sicherheitsrates auf einem Extra-Gipfel vor allem eine über eine Stärkung der militärischen Friedensmissionen der UN beraten.
In einem Beschlussentwurf für das höchste Entscheidungsgremium der UN wird die Schaffung von Kapazitäten für ein rechtzeitiges Eingreifen bei aufkommenden bewaffneten Konflikten befürwortet. Alle UN-Mitgliedsstaaten werden aufgefordert, sich an der Aufstellung der erforderlichen Friedenstruppen zu beteiligen.
Deutschland gehört nicht zum exklusiven Kreis des Sicherheitsrates. Es strebt aber einen ständigen Sitz in dem Gremium an, wie Bundeskanzler Gerhard Schröder am Mittwoch in seiner Rede bei der Eröffnung der Millenniumskonferenz bekräftigte. Wie zahlreiche seiner Amtskollegen sprach auch er sich für die Verstärkung der UN-Friedensmissionen und die Reform der Weltorganisation aus.
Am Rande des UN-Gipfels traf Schröder unter anderem mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und dem israelischen Ministerpräsidenten Ehud Barak zusammen. Bei dem Treffen mit Putin ging es vor allem um gemeinsame Sorgen um die für den 24. September in Jugoslawien geplanten Wahlen.
Mit Barak erörterte Schröder den festgefahrenen Nahost-Friedensprozess. Dabei sei dem Bundeskanzler der Eindruck vermittelt worden, dass der israelische Ministerpräsident weitere Zugeständnisse in Erwägung zieht, wenn sich auch die palästinensische Seite bewegen würde, hieß es in Regierungskreisen. Für den späten Donnerstagnachmittag (Ortszeit) war auch ein Treffen Schröders mit Palästinenserpräsident Jassir Arafat geplant.
Auf dem Programm Schröders stand am Donnerstag auch ein Gespräch mit dem Präsidenten der Türkei, Ahmet Necdet Sezer. Die in Deutschland umstrittenen Rüstungslieferungen an die Türkei sollen nach Angaben aus Regierungskreisen nicht im Vordergrund stehen. Vor seiner Abreise in der Nacht zum Freitag nimmt der Kanzler den angesehenen Preis der überkonfessionellen Organisation "Appeal of Conscience Foundation" entgegen.