Berliner Zeitung, 12.9.2000 ASYLPRAXIS "Häufig ignorant" Jan Thomsen POTSDAM/BERLIN. Der Umgang mit Asylbewerbern in Brandenburg ist nach Ansicht von Rechtsanwälten oft härter, als es die Gesetze einräumen. Der Berliner Anwalt Ronald Reimann vom "Arbeitskreis Asyl- und Ausländerrecht" sagte, er sei bei Ausländerbehörden der Landkreise "häufig auf Ignoranz" gestoßen. "Die Behörden nehmen zum Teil die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gar nicht zur Kenntnis." So sei etwa in Perleberg (Prignitz) ein Kurde mit abgelehntem Asylantrag zur Ausreise aufgefordert worden, obwohl er eine deutsche Frau und zwei deutsche Kinder hat. "In solchen Fällen sagt das Bundesverfassungsgericht, der darf bleiben." Die Ausländerbehörde habe dagegen mitgeteilt, der Mann müsse erst einmal zurück in die Türkei, bevor eine Wiedereinreise zur Zusammenführung der Familie geprüft werde. Der Berliner Rechtsanwalt Dieter Kierzynowski sagte, seiner Erfahrung nach seien besonders die Ausländerbehörden in Cottbus und im Landkreis Teltow-Fläming "relativ hart" bei der Auslegung der Bestimmungen. "Bevor die aus humanitären Gründen eine Aufenthaltsbefugnis gewähren, muss schon einiges passiert sein." Ein positives Beispiel sei dagegen die Amtspraxis im Kreis Oder-Spree. "Der Spielraum ist also da, man muss ihn nur nutzen wollen." (jan.)
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