taz,14.9.2000

Grünes Papier: Mehr Einfluss durch Waffenexporte

Menschenrechte dürfen nicht allein Kriterium für Rüstungsexporte sein, heißt es in einem Papier aus dem Büro von Joschka Fischer.

Deutschland könnte sie auch benützen, um Einfluss zu nehmen

BERLIN taz Bei den Grünen zeichnet sich ein Grundsatzstreit um den Umgang mit Rüstungsexporten ab. In zwei internen Papieren von Mitarbeitern der Bundestagsfraktion wird erstmals der Rüstungsexport auch als Mittel zur politischen Einflussnahme erörtert. "Auf Dauer werden die Menschenrechte als Hauptkriterium nicht tragen", schreibt Reinhard Weißhuhn, der im Bundestagsbüro von Außenminister Fischer arbeitet.

Joschka Fischer ist Mitglied des Bundessicherheitsrates, eines geheim tagenden Gremiums, das über die Exportgenehmigungen für Waffengeschäfte ins Ausland zu entscheiden hat. Erst kürzlich war hier - gegen die Stimme von Fischer - der Export einer Munitionsfabrik in die Türkei gebilligt worden. Nach Ansicht Weißhuhns könnte eine Debatte dazu beitragen, eine "bewusste, in ihren Konsequenzen hinreichend klare Position zum Rüstungsexport insgesamt zu formulieren bzw. zu bestätigen und öffentlich vertreten zu können". Der gegenwärtige Zustand der Grünen in dieser Frage, so der Mitarbeiter Fischers, wirke "nach außen außerordentlich unbefriedigend, defensiv bis hilflos". Die Verknüpfung mit Menschenrechten diene "eher dem Versuch, möglichst viele Rüstungsexportgeschäfte zu verhindern". Dies sei ein "pragmatisches, auch taktisches Vorgehen, aber noch kein hinreichendes Prinzip", heißt es in dem der taz vorliegenden Papier.

In einer weiteren fraktionsinternen Analyse zu weltweiten Waffengeschäften wird die Frage nach einer "politisch motivierten Steuerung des Rüstungsexports" aufgeworfen. Dies müsse nicht zwangsläufig eine Liberalisierung des Exports bedeuten. Im Zusammenhang mit dem internationalen Einsatz der Bundeswehr werde sogar die Notwendigkeit einer restriktiven Ausfuhrpolitik zunehmen, damit die Rüstungsgüter eines Tages nicht gegen die Exporteure selbst oder "ihre Soldaten zum Einsatz kommen".

SEVERIN WEILAND