Berliner Zeitung, 20.09.2000 Irak wirft Kuweit Erdöl-Diebstahl vor USA warnen Saddam Hussein vor neuen militärischen Aktionen gegen das Scheichtum Karim El-Gawhary KAIRO, 19. September. Nachdem das Irak-Problem mehrere Monate vor sich hindümpelte, schlagen die Wellen in den letzten Tagen wieder höher. Dabei geht es wieder einmal ums Öl. Bagdad wirft Kuwait vor, dass es bei Bohrungen an der Grenze irakisches Öl stehle. Außerdem ist man im Irak ungehalten über die OPEC-Entscheidung die Ölproduktion zu erhöhen, um den Preis zu senken. In den irakischen Medien wird diese Entscheidung als saudisch-kuwaitisch-amerikanische Verschwörung beschrieben. Die Situation erinnert damit an die Zeit unmittelbar vor der irakischen Invasion in Kuwait vor zehn Jahren. Damals hatte Bagdad das Nachbarland ebenfalls beschuldigt, durch eine hohe Produktionsquote den Ölpreis drücken zu wollen und irakisches Öl zu stehlen. Saddam Hussein sollte verstehen, dass die USA und die britischen Freunde bestens vorbereitet seien, um ihn davon abzuhalten, solche Aktionen zu wiederholen, erklärte jetzt US-Verteidigungsminister William Cohen. "Wir haben eine beachtliche Streitmacht in der Region und wir stehen bereit," fügte US-Außenministerin Madeleine Albright hinzu. Unterstützung für die Opposition Anzeichen für eine irakische Militäraktion aber gibt es bisher nicht und es ist sehr zweifelhaft, ob das irakische Militär derzeit dazu in der Lage wäre. Aber Washington geht es in erster Linie darum, Präsenz zu zeigen. Zudem hat die US-Regierung die irakische Opposition gerade wieder mit vier Millionen Dollars ausgestattet. Weitere vier Millionen sind für einen späteren Zeitpunkt zugesagt. Damit sollen die Mitglieder des "Irakischen Nationalkongresses" eine Radiostation betreiben und eine Zeitung herausgeben. Fraglich ist, ob sich diese Investition lohnt. Bisher gilt der Nationalkongress als ineffektiv. Die einzige Opposition, die im Irak von sich Reden macht, ist die vom Iran unterstützte schiitische Opposition, die jegliche US-Unterstützung ablehnt. Sie steckt vermeintlich auch hinter mehreren Anschlägen mit Granatwerfern Sonntagnacht in der irakischen Hauptstadt. Saddam Hussein hat am Wochenende angewiesen, dass die Mitglieder der regierenden Baathpartei ein Jahr lang militärisch trainieren müssen. Bisher mussten sie nur während der Sommerferien oder in Krisenzeiten an der Waffe üben. An der diplomatischen Front verändert sich unterdessen äußerst wenig. Die UN-Waffeninspektoren warten weiterhin vergeblich darauf, in den Irak hereingelassen zu werden. Im UN-Sicherheitsrat herrscht die übliche Uneinigkeit in der Frage, wie es mit dem Irak weitergehen soll. Neuester Streitpunkt ist, ob das zivile Flugverbot nach Bagdad tatsächlich von UN-Beschlüssen gedeckt ist. Laut bisheriger Lesart des UN-Embargos sind kommerzielle Flüge von und nach Bagdad untersagt. Einzige Ausnahme sind humanitäre Flüge, die zuvor von der UN genehmigt werden müssen. Aufhebung des Flugverbots? Russland versucht jetzt, dass Flugverbot in Frage zu stellen. Moskau argumentiert, dass es für die Sanktionen keinen Unterschied macht, ob zivile Reisende per Land oder per Luft nach Bagdad reisen. Die staatliche russische Fluggesellschaft Aeroflot erwägt, in der irakischen Hauptstadt ab Oktober wieder ihr Büro zu eröffnen und den Flugverkehr zwischen Moskau und Bagdad aufzunehmen. In dieser Woche flog bereits mit UN-Genehmigung eine Gruppe russischer Ölexperten nach Bagdad. Jordanien hat eine Wiederaufnahme des Flugverkehrs bei der Uno beantragt. Air France soll ebenfalls interessiert sein. Ein "hochrangiger Vertreter des US-Außenministeriums" will angeblich inoffiziell nach Amman kommen, um über diesen Antrag zu diskutieren. Dass hinter den Kulissen darüber gesprochen wird, das Flugverbot Ende diesen Jahres aufzuheben, scheint sehr wahrscheinlich. Das UN-Embargo gegen Irak würde damit zwar nicht aufgehoben, aber weiter gelockert.
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