Frankfurter Rundschau, 20.09.2000 Gesetzmäßig herzlos Es wurde Zeit, dass sich in Brandenburg endlich der sozialdemokratische Regierungschef Stolpe einmischt, statt Schönbohm allein werkeln zu lassen Von Karl-Heinz Baum Laut Brandenburgs Innenminister ergehen Entscheidungen der kommunalen Ausländerbehörden strikt nach Recht und Gesetz. Das hat auch niemand bestritten. Wäre es anders, müssten die Verantwortlichen bis hinauf zum Minister schleunigst zur Rechenschaft gezogen werden, nicht nur in Brandenburg. Aber der CDU-Hardliner Jörg Schönbohm muss sich anderen Fragen stellen. Vielleicht nicht gegen Recht und Gesetz, wohl aber ziemlich kalt, herzlos und beispiellos bürokratisch wurde vielfach entschieden. Gerade davon gehen Signale aus, die bei Brandstiftern, rechtsradikalen Tätern und Totschlägern schnell als indirekte Ermutigung ankommen können. So können Behörden ungewollt zu geheimen Komplizen werden. Nicht nur der Minister, auch der zuständige Sachbearbeiter muss wissen, dass dies nicht hingenommen werden kann. Genau in diesen Härtefällen, wie sie jetzt aus dem Land Brandenburg öffentlich diskutiert werden (obwohl es sie sehr wahrscheinlich genauso andernorts gibt), müssen Verantwortliche ihren Ermessensspielraum zu Gunsten der Betroffenen nutzen. Es wurde Zeit, dass dort nun endlich der sozialdemokratische Regierungschef Manfred Stolpe sich einmischt, statt Schönbohm allein werkeln zu lassen. Brandenburg ist ja auch in großer Koalition ein immer noch SPD-geführtes Land. Bischof Huber hat schon Recht: Brandenburg könnte Vorbild sein, wenn Grund- und Menschenrechte geachtet und Zivilcourage von Bürgern gewürdigt werden. Das ist auch im wohlverstandenen Interesse einer Auftragsverwaltung des Ausländerrechts für den Bundesinnenminister.
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