Frankfurter Rundschau, 22.09.2000 Ausländer raus aus der Schweiz? Am Sonntag stimmen Eidgenossen über Fremdenquote ab Unter Schweizer Politikern geht die Angst um, die Eidgenossen könnten sich bei der Volksabstimmung über eine Ausländerbegrenzung auf 18 Prozent am Sonntag als Fremdenhasser entlarven. Im Falle einer Annahme wären auch die eben erst gebilligten bilateralen Verträge mit der EU gefährdet. Auch innenpolitisch wäre es fatal, wenn das im Kanton Aargau vom Unternehmer und FDP-Politiker Philipp Müller ausgeheckte Volksbegehren angenommen würde. Er hatte für seine 18-Prozent-Initiative mehr als 100 000 Unterschriften gesammelt und damit die Abstimmung erzwungen. "Die Auswirkungen wären katastrophal für die Wirtschaft", sagt Arbeitgeber-Direktor Peter Hasler. "Wir müssten damit rechnen, über Jahre hinweg keine ausländischen Arbeitskräfte mehr rekrutieren zu können. Damit kein Wachstum mehr, Betriebsschließungen, Entlassungen." Überfremdungsängste haben in der Schweiz in den vergangenen 30 Jahren schon mehrfach zu ähnlichen Initiativen geführt. Alle sind bisher am Abstimmungstag abgeschmettert worden. Dem neuen Vorstoß werden mehr Chancen eingeräumt, weil er in der Sprache moderat ist und Müller überall versichert, er sei kein Rassist. Er wolle der Wirtschaft keine Arbeitskräfte wegnehmen oder Forschung und Kultur ausländerfrei machen. Vielmehr sollten ausländische Führungskräfte, Wissenschaftler und Künstler bei der Quote von 18 Prozent gar nicht mitgezählt werden. Gezählt werden sollten hingegen Asylbewerber und Bürgerkriegsflüchtlinge. Bereits Ansässige sollen nicht ausgewiesen werden, neue Aufenthaltsgenehmigungen aber nur erteilt werden, wenn die 18-Prozent-Marke noch nicht erreicht ist. 18 Prozent hört sich großzügig an, bei einem durchschnittlichen Ausländeranteil in Europa von rund zehn Prozent. Doch dass der Anteil in der Schweiz 19,3 Prozent beträgt, liegt an den hohen Hürden auf dem Weg zum Schweizer Staatsbürgertum - unter anderem Gebühren von bis zu 100 000 Franken und zwölf Jahre Aufenthalt. Ein Drittel der knapp 1,4 Millionen Ausländer ist in der Schweiz geboren oder seit mehr als 30 Jahren dort. Wenn sie den Schweizer Pass hätten, läge der Ausländeranteil unter zehn Prozent. (dpa/epd/ap)
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