Süddeutsche Zeitung, 25.9.2000 Trotz mehrerer Millionen Franken teurer Kampagne Ausländerquote abgelehnt 63 Prozent der Schweizer stimmen gegen Initiative / Von Thomas Kirchner Zürich - Die Schweizer Wähler haben am Sonntag eine Volksinitiative zur Begrenzung des Ausländeranteils an der Bevölkerung auf 18 Prozent deutlich abgelehnt. Die Auszählung in 19 von 26 Kantonen ergab Nein-Stimmen-Anteile zwischen 52 und 75 Prozent. Da die Initiative in der Mehrzahl der Kantone verworfen wurde, ist sie abgelehnt. Eine breite Koalition aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Medien hatte die Quote bekämpft; von den großen Parteien sprach sich einzig die rechtsnationale Schweizerische Volkspartei (SVP) für das Begehren aus. Drei Vorlagen, die höhere Abgaben auf nichterneuerbare Energieträger zum Ziel hatten, wurden von den Bürgern ebenfalls abgelehnt. In keinem Kanton erhielt die Initiative "für eine Regelung der Zuwanderung eine Mehrheit. Dennoch gab es starke regionalen Unterschiede. Im Kanton Aargau wurden nur knapp 53 Prozent Nein-Stimmen registriert, einige große Städte der deutschen Schweiz wie Luzern stimmten sogar knapp mit Ja. Die französischsprachigen Westschweizer hingegen, die als offener und europafreundlicher gelten, lehnten die Initiative mit Mehrheiten von bis zu 75 Prozent ab. Das Volksbegehren, das ein Aargauer FDP-Politiker lanciert hatte, war das sechste seiner Art innerhalb von 30 Jahren. Alle wurden abgelehnt, erhielten jedoch bis zu 46 Prozent Zustimmung. Die Schweiz hat eine hohe Ausländerquote von 19,3 Prozent, in Deutschland sind es neun Prozent. Dies liegt an den hohen Hürden für eine Einbürgerung. Wäre die Initiative angenommen worden, hätte die Zuwanderung während zwei Jahren praktisch gestoppt werden müssen. Arbeitgeberpräsident Peter Hasler zeigte sich erleichtert. "Die Bürger wollten gegenüber der Weltöffentlichkeit offensichtlich nicht als fremdenfeindlich erscheinen", sagte er im Rundfunk. Das Resultat sei aber "kein Signal für eine unkontrollierte Zuwanderung". Der Zürcher SVP-Abgeordnete Hans Fehr, ein Befürworter der Initiative, sagte: "Angesichts der millionenschweren Gegenpropaganda ist dies ein gutes Ergebnis. Es müssen nun endlich griffige Maßnahmen im Ausländerbereich erfolgen. Die drei Energievorlagen, die als Einstieg in eine ökologische Steuerreform gedacht waren, verfehlten zum Teil nur knapp eine Mehrheit. Etwa 55 Prozent der Schweizer lehnten die so genannte Lenkungsabgabe ab. Ihr Ziel ist es, auf Energieträger wie Erdöl und Atomstrom zwei Rappen (2,6 Pfennig) pro Kilowattstunde zu erheben. Die Solar-Initiative und ein Gegenvorschlag des Parlaments sahen Abgaben von 0,5 beziehungsweise 0,3 Rappen pro Kilowattstunde vor. Die Schweizer Regierung muss in der Energiepolitik nun von vorn anfangen.
|