Frankfurter Rundschau, 27.9.2000 Kommentar Heikel Von Volker Mazassek Vor zehn Jahren wären die Behörden kaum auf die Idee gekommen, gezielt gegen Ausländer vorzugehen, die hier illegal leben und teilweise kriminellen Geschäften nachgehen. Der Vorwurf der Ausländerfeindlichkeit wäre schnell bei der Hand gewesen. Da wollte sich niemand die Finger verbrennen. Doch die Zeiten haben sich geändert. Dass es eine kleine Zahl von Ausländern gibt, die illegal und mit dem Ziel einreisen, hier mit Straftaten Geld zu verdienen, bestreiten nur noch Leute, die mit Scheuklappen durch die Welt laufen. Wenn die Polizei sich nun diese spezielle Klientel vornimmt, hat das einiges für sich. Denn ein Teil der Festgenommenen begeht Straftaten, vor denen sich die Bevölkerung am meisten fürchtet - Straßenraub zum Beispiel. Sollte sich der Trend stabilisieren, dass die Straftaten auf diesem Gebiet zurückgehen, wäre dies zweifellos ein Erfolg. Mit Abschiebungen scheint ein Instrument gefunden worden zu sein, um solche Täter zu treffen, die mitunter große Fallzahlen anhäuften, ohne empfindliche Folgen fürchten zu müssen. Heikel bleibt die Angelegenheit aber trotzdem. Denn es trifft ja auch arme Würstchen, etwa Prostituierte aus Südamerika. Die Abschiebung dieser Frauen ist rechtlich einwandfrei, aber in der Stadt höchst umstritten. Dass auch unbescholtene Ausländer damit rechnen müssen, verdächtigt und überprüft zu werden, ist ebenfalls unerfreulich. Und bei aller guten Absicht wird sich nicht vermeiden lassen, dass sich Vorurteile bestätigen. Manch einer liest eben nur "Ausländer" und "kriminell", und sieht sich in seinem Weltbild bestätigt. ------------------------------------------------------- Frankfurter Rundschau, 27.9. Frankfurt Polizei sieht "enormen Gewinn an Sicherheit" Erfolge bei Ermittlungen gegen kriminelle Ausländer Von Volker Mazassek Mit Hilfe einer speziellen Arbeitsgruppe gelingt es der Polizei zunehmend, gegen Ausländer vorzugehen, die sich hier illegal aufhalten und Straftaten begehen. Polizeivizepräsident Heinrich Bernhardt spricht von einem "enormen Gewinn an Sicherheit". Die Arbeitsgruppe trage dazu bei, dass in einigen Deliktfeldern die Fallzahlen deutlich zurückgehen. Die "Regionale Arbeitsgruppe" (RAG) wurde im August 1999 ins Leben gerufen und ermittelt bei Verstößen gegen das Ausländer- und das Asylverfahrensgesetz - auch in Verbindung mit anderen Delikten, etwa Drogenerwerb und -besitz oder Urkundenfälschung. Binnen eines Jahres wurden 2804 Vorgänge bearbeitet. In gut 50 Prozent der Fälle (1452) gab es Festnahmen. 243 Festgenommene wurden sofort abgeschoben, 69 gingen in Abschiebehaft, 245 in U-Haft genommen. 506 Beschuldigte wurden der Amts- oder Staatsanwaltschaft vorgeführt. Die Ermittlungen sind bislang noch beschränkt auf die Zuständigkeitsbereiche des 1., 3., 4. und 13. Polizeireviers, das Gebiet innerhalb des Alleenrings plus Bockenheim und Gutleutviertel. Die meisten Festnahmen (905) gab es im Bahnhofsviertel. Es folgen die Innenstadt (424), Bockenheim (92), das Nordend sowie Teile des Westends (31). Am häufigsten fielen Kolumbianer (239 Beschuldigte), Algerier (211), Marokkaner (133), Inder (132), Polen (75), Türken (72) und Jugoslawen (70 ) auf. Neben dem Verstoß gegen das Ausländergesetz kämen auf jeden Beschuldigten im Schnitt drei bis fünf andere Falldaten, sagte Bernhardt. Dazu zählen Massendelikte wie Straßenraub, Trick-, Taschen- und Ladendiebstahl. Der "Vize" sieht einen Zusammenhang zwischen der erfolgreichen Arbeit der RAG und dem deutlichen Rückgang der Kriminalität in einigen Deliktfeldern im laufenden Jahr. Polizeipräsident Harald Weiss-Bollandt hatte im Juli einen Rückgang von mehr als 30 Prozent bei Raub- und Eigentumsdelikten im ersten Halbjahr genannt. Stark abgenommen haben demnach Straßenraub, Diebstahl von und aus Kraftfahrzeugen, Taschendiebstähle und Geschäftseinbrüche. Bernhardt sprach von einem "enormen Gewinn an Sicherheit" durch den Einsatz der RAG. Ferner wirke man der "Gefahr der Erosion des Rechts" entgegen, da Illegale nicht länger unbehelligt blieben. Bernhardt wandte sich gegen den Vorwurf, Ausländer "an den Pranger zu stellen". Es gehe der Polizei vielmehr darum, Ausländer "vor dem Negativ-Image zu schützen", das wegen einer kleinen Zahl illegaler und / oder krimineller Landsleute entstehe. Damit leiste die Polizei auch eien Beitrag im Kampf gegen Vorurteile und rechtsradikale Parolen. Der Polizeivizepräsident räumte ein, dass es bei Kontrollen auch mal die Falschen treffen könne. Die eingesetzen Beamten verfügten jedoch über große Erfahrung, um Verdächtige zu erkennen. Große Probleme hat die RAG, der neben sieben Polizisten zwei Mitarbeiter der Ausländerbehörde angehören, wenn die Festgenommenen ihre Identität verschleiern. In Einzelfällen tauchten sie unter 20 bis 30 verschiedenen Namen auf, sagte der Leiter der RAG, Udo Rüdiger. Häufig hätten die Personen keine oder gefälschte Papiere. Die Bearbeitung der Fälle sei mitunter sehr aufwendig, so Rüdiger, "da wir teilweise an der Nase herumgeführt werden". Solange die jeweilige Identität nicht geklärt sei, könne niemand abgeschoben werden. Für 254 Personen mussten Pässe beschafft werden. Beispielhaft wurde der Fall eines jungen Senegalesen genannt, bei dem die Behörden zwei Jahre brauchten, um die Identität zu klären und ihn abschieben zu können. Bislang sei es noch niemandem gelungen, seine Identität auf Dauer zu verschleiern und sich dadurch ein Bleibereiht zu sichern.
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