Süddeutsche Zeitung, 28.9.2000 Gemeinsame Rüstungsprojekte mit europäischen Partnern Scharping treibt militärische Zusammenarbeit voran Minister weist auf Vereinbarung mit den Niederlanden hin / Auch Bundeswehr macht hoher Spritpreis zu schaffen / Von Christoph Schwennicke Berlin - Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) will die militärische Zusammenarbeit der europäischen Partner vorantreiben. Nach einer Vereinbarung mit seinem niederländischen Kollegen über die gemeinsame Finanzierung und den Betrieb neuer Großraumflugzeuge sagte Scharping am Mittwoch in Berlin, die Tür sei "völlig offen für entsprechende Kooperationen auch mit anderen Ländern" in der Europäischen Union. Namentlich nannte Scharping Frankreich und Großbritannien. Ende Oktober will er sich mit seinem britischen Kollegen über eine mögliche Kooperationen unterhalten. Gespräche mit Frankreich hätten schon stattgefunden. Hintergrund ist ein Angebot der Niederlande, sich mit 200 Millionen Gulden am Aufbau neuer Lufttransportkapazitäten der Bundeswehr zu beteiligen. Das neue Flugzeug , der Airbus A 400 M, ist eines der großen Rüstungsprojekte der Bundeswehr. Scharping will 73 Flugzeuge beschaffen. Die Kosten werden auf etwa 12 Milliarden Mark beziffert. Die Vereinbarung mit den Niederlanden hat Signalcharakter, da solche Kooperationen bislang meist an Fragen der nationalen Souveränität gescheitert sind. Scharping räumte ein, dass es auch im Fall der deutsch-niederländischen Zusammenarbeit noch offene Fragen gebe, die aber bis Mitte November geklärt seien. Scharping machte deutlich, dass mit einer weitgehenden Kooperation beim strategischen Luft- und Seetransport der Aufbau einer europäischen Krisenreaktionsfähigkeit "deutlich befördert würde. Scharping zeigte sich überzeugt, dass Ziele und Zeitplan der Bundeswehrreform eingehalten werden. Bis Ende des Jahres werde die Feinausplanung vorliegen, und im Frühjahr 2001 die Entscheidung über mögliche Standortschließungen. Berichte über eine zu hohe Generalsdichte im Reformkonzept des Heeresinspekteurs kommentierte Scharping mit den Worten: "Dies wird kein Maßstab für Entscheidungen sein." Wenn er am 4. Oktober entscheidet, sei er "zu souveränen Entscheidungen gewillt. Scharping wies darauf hin, dass seinem Haushalt 1999 zum ersten Mal seit Jahren eine Milliarde Mark aus Erlösen und Dienstleistungen zugekommen seien. Die Auseinandersetzung über den Verbleib dieser Mittel im Verteidigungsetat habe sich gelohnt. Sorgen bereiten dem Verteidigungsminister dagegen die hohen Spritpreise. Statt der einkalkulierten 325 Millionen Mark für die Treibstoffe der Bundeswehr müsse mit 500 Millionen Mark gerechnet werden, obwohl der Verbrauch um vier Prozent gedrosselt worden sei. Schuldig blieb der Minister eine klare Aussage über die Zukunft der großen Rüstungsprojekte. Allerdings ist das Raketensystem PARS offenbar vom Tisch. "Skeptische Aufmerksamkeit" widme er diesem Projekt. Zwischen dem 11. Oktober und der so genannten Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses des Bundestages am 16. November wird seinen Worten nach Klarheit über die Rüstungsprojekte geschaffen, deren Gesamtvolumen sich auf etwa 75 Milliarden Mark beläuft.
|