Westfälische Rundschau, 27.9.2000 Vater drohen in der Türkei Verhöre, Folter und Gefängnis Hagen. Die Frist läuft gnadenlos ab: Spätestens am 20. November müssen Savci Gezginci, Ehefrau Yildiz und die kleinen Töchter Ronahi (6), Dilan (5), Medine (2) und Melike (1) die Bundesrepublik Deutschland verlassen. Die Familie wird in die Türkei abgeschoben. Die deutsche Gesetzgebung will es so. In der Türkei drohen dem kurdischen Familienvater Folter und Gefängnis. "Die Familie wird getrennt. Keiner weiss, was aus der Ehefrau und den vier Kindern werden soll", schüttelt Pfarrer Jürgen Schäfer aus Haspe den Kopf. "Sie stehen vor einer ungewissen Zukunft." 1991 kam Savci Gezginci in die Bundesrepublik und stellte hier einen Asylantrag. In seiner kurdischen Heimat sollte der heute 31-Jährige als sogenannter "Dorfschütze" gegen seine eigenen Landsleute vorgehen. Gezginci lehnte ab. Da mit unmenschlicher Strafe zu rechnen gewesen sei, blieb nur noch die Flucht, so Seyed Sattari, Flüchtlingsberater beim Diakonischen Werk. Später holte der Kurde seine Frau Yildiz nach. Alle Kinder wurden hier geboren. Die sechsjährige Ronahi ist im Sommer eingeschult worden, Dilan besucht den Kindergarten. Die Geschwister kennen nur Deutschland, es ist ihr Heimatland. Am 19. Oktober des vergangenen Jahres wurde das langjährige Verfahren abgeschlossen, der Asylantrag in allen Instanzen abgelehnt. "Der Fall dieser Familie wäre normalerweise unter die sogenannte Altfallregelung gefallen", erklärt Pfarrer Jürgen Schäfer. Diese besagt, dass alleinstehende kurdische Asylsuchende nach zehnjährigem Aufenthalt ein Bleiberecht zugestanden wird. Bei Familien verringert sich die Frist um einige Jahre. Diese ist mit der Bedingung verbunden, dass der Asylsuchende nicht vom Sozialamt abhängig ist. Diese Altfallregelung galt bei Savci Gezinci mit dem Stichtag vom 19. November 1999. "Er durfte aber nicht arbeiten, weil er eine Grenzübertrittsbescheinigung mit Ausweisungsdatum hatte. Damit darf man eben nicht arbeiten." Indes, eine Arbeitsstelle sei ihm aber angeboten worden. "Wir können nicht verstehen, warum der Familie nur kurzfristig Grenzübertrittsbescheinigung mit Ausweisungsdatum 7. und 14. August, 20. September und 20. November ausgestellt wurde. "Das beteutet für die Familie Schikane, ja Terror", betonte Pfarrer Schäfer. Allerdings habe der städtische Sachbearbeiter innerhalb des rechtlichen Rahmens agiert. Dies bestätigte das Ordnungsamt. Alles sei mit rechten Dingen zugegangen. "Doch jegliches Fingerspitzengefühl hat man vermissen lassen", so Pfarrer Schäfer. Die Uhr tickt gegen die Familie. Von Martin Schirmer
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