DER STANDARD (A), 28. September 2000, Seite 36 Kommentar Samo Kobenter Das Spiel, das Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider mit 48 Asylwerbern aus dem Kosovo spielt, ist in mehrfacher Hinsicht kritikwürdig. Zum Ersten versetzt die Unverfrorenheit, mit der Menschen als Währung für politische Tauschhändel verwendet werden, selbst abgebrühte Beobachter der österreichischen Asylpraxis in Erstaunen. Abgesehen davon entspricht aber seine Drohung, die Flüchtlinge ins Lager Traiskirchen abzuschieben, ganz und gar den Gepflogenheiten dieser Praxis. Und die hat Haider nicht erfunden, obwohl er sie ebenfalls ganz gut beherrscht. Österreichische Asylpraxis heißt: Ein an sich akzeptables Gesetz wird in einer Weise angewendet, dass die Betreuung der Flüchtlinge, zu der sich der Gesetzgeber verpflichtet, laut übereinstimmender Kritik des wirklich nicht zimperlichen U-Flüchtlingshochkommissariats (UNHCR) und kirchlicher Stellen wie der Caritas zu einem "Gnadenrecht" verkommt. Lediglich ein Drittel der rund 9000 Asylsuchenden sind in Bundesbetreuung. Die Kriterien dafür sind "willkürlich und nicht nachvollziehbar", so UNHCR-Sprecherin Karola Paul. Wer aus der Bundesbetreuung entlassen wird - von Jänner bis Juli 1591 Personen -, steht auf der Straße. Die Aufnahmekapazitäten nichtstaatlicher Hilfsorganisationen sind erschöpft. Dubios und teilweise im Widerspruch zur Genfer Flüchtlingskonvention sind die Begründungen, mit denen sich der Bund der Betreuung entledigt. So wird Asylwerbern die Bundesbetreuung verweigert, die ihre Herkunft nicht dokumentieren können - als ob einer, der um sein Leben rennt, nichts anderes im Sinn hätte als die Mitnahme seiner Geburtsurkunde, seines Reisepasses und Führerscheins. Auch wer unmittelbar nach seinem abgewiesenen ersten einen zweiten Asylantrag stellt oder seinen Antrag zurückzieht, hat die Chance auf Bundesbetreuung verwirkt. Zwischen der Ankunft im Land und dem Erstgespräch vergehen oft mehrere Wochen, die der Betroffene auf der Straße zubringen muss, wenn er nicht irgendwo Unterschlupf findet. So also sieht in groben Zügen der "große Humanismus" aus, den Haider Innenminister Ernst Strasser vorhält, weil die Kostenteilung für die Betreuung von 48 Kosovaren offen ist - Flüchtlinge, wohlgemerkt, die alle oben geschilderten Hürden genommen haben und um eine "humanitäre Aufenthaltsbewilligung" anstehen. Denn um das administrative Chaos, mit dem das Ministerium täglich kämpft, noch zu vergrößern, streiten die Beiden jetzt darum, ob das Land Kärnten, wie eigentlich vereinbart, aus seiner Sozialhilfe zahlen muss oder nicht. Der Aufwand für eine Unterbringung der Flüchtlinge beträgt bis Jahresende einen verschwindenden Bruchteil der Summe, die sich Kärnten auch heuer die Feiern zum 10. Oktober kosten lässt. Ein polemisches Argument, gewiss, und sehr symbolträchtig. Haider und Strasser werden sich schon einigen. An der tieferen Asylproblematik werden sie nicht anstreifen.
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