Frankfurter Rundschau, 30.9.2000 Wolf-Kommission setzt Ankara zu Fall der toten Deutschen beschäftigt türkischen Generalstab Von Iris Hilberth (München) Zwei Jahre ist es her, dass der kurdische Sender Med-TV den Tod der Münchnerin Andrea Wolf bei einem Gefecht zwischen PKK und türkischer Armee meldete. Wenige Monate später schlossen sich die Anwältin Angelika Lex, die Journalistin Inga Rogg und der Menschenrechtler Oskar Schmid zu einer Kommission zusammen, um den Tod der damals 33-Jährigen aufzuklären. Auf Grund der gesammelten Informationen hat die türkische Rechtsanwältin Eren Keskin im Auftrag der Mutter Wolfs jetzt bei der Staatsanwaltschaft Istanbul eine Strafanzeige wegen Mordes eingereicht. Die Kommission hofft, dadurch den Vorgang vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu bringen. Das ist erst möglich, wenn alle nationalen Möglichkeiten ausgeschöpft sind. 1996 hatte Wolf Deutschland verlassen und sich der PKK angeschlossen. Sie hatte im Verdacht gestanden, die Rote Armee Fraktion zu unterstützen, daher war ein internationaler Haftbefehl ergangen. 1999 wurden die Ermittlungen eingestellt. "Sie ging nicht in erster Linie als Kämpferin zur PKK, sondern um den Kampf zu dokumentieren", sagte Schmid. Wie inzwischen auch eine Augenzeugin bestätigt, soll Andrea Wolf mit weiteren PKK-Kämpferinnen von türkischen Soldaten unbewaffnet gefangen genommen, verhört, gefoltert und erschossen worden sein. Die türkischen Behörden bestätigen zwar Ort und Zeitpunkt des Gefechts, bestreiten jedoch Hinweise auf Wolfs Verbleib. Seit gut einem Jahr ermittelt die Frankfurter Staatsanwaltschaft gegen Unbekannt, "und auch die geht davon aus, dass die Aussagen der Augenzeugin authentisch sind", sagt Anwältin Lex. Mit der Strafanzeige in der Türkei wolle die Kommission auch die deutschen Behörden zwingen, aktiver zu werden. Die Türkei nehme den Vorfall sehr ernst, der Generalstab kümmere sich darum. "Wir hoffen, dass sie als EU-Beitrittsland etwas offener sind, das aufzuklären", so Lex. Allerdings habe der Generalstab Anklage gegen die türkische Anwältin Keskin erhoben. "Wegen Beleidigung des Militärs", heißt es. Ihr drohe eine ein Jahr Haft.
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