Neue Zürcher Zeitung (CH).09.2000 Lockerung in Syrien Intellektuelle fordern die Abschaffung des Ausnahmezustands vk. Limassol, 29. September Die syrische Führung ist drei Monate nach dem Generationswechsel zu Präsident Bachar al-Asad erstmals mit Forderungen nach vollen Bürgerrechten konfrontiert worden. Während bisher verbannte Menschenrechtsgruppen in Damaskus offen zusammentraten, riefen prominente Intellektuelle nach der Abschaffung des Ausnahmezustands und nach Freilassung der politischen Häftlinge. Weil der junge Präsident Bachar bei seinem Amtsantritt den «Respekt für die andere Meinung» proklamiert hat, zögert die politische Polizei mit den traditionellen Unterdrückungsmassnahmen. Die Staatsmedien veröffentlichten den Aufruf für Wiederherstellung der Bürgerrechte jedoch nicht, und ausländische Zeitungen mit entsprechenden Berichten wurden von der Zensur abgefangen. Die Beiruter Presse konnte hingegen frei darüber debattieren. «Freunde der Bürgergesellschaft» Gleichzeitig veröffentlichte eine Gruppe von Intellektuellen und Künstlern in Beirut einen 99-mal unterschriebenen Aufruf gegen das Ausnahmerecht. Sie präsentierten Bachar in dem offenen Brief einen ungerufenen Kommentar zu seinen Wirtschaftsreformen: «Jede Reform, sei es in der Ökonomie, der Verwaltung oder im Rechtssystem, muss von gleichzeitigen und gründlichen politischen Reformen begleitet sein, wenn sie Ruhe und Stabilität im Lande garantieren soll.» Dafür, heisst es, müsse der seit 1963 geltende Ausnahmezustand abgeschafft werden, welcher die Rechtsgarantien für die Bürger aufhob, es sei eine Amnestie für alle politischen und Gesinnungsgefangenen sowie alle politisch Exilierten vonnöten, und politische Parteien müssten frei zugelassen werden. Weitere Postulate sind Pluralismus, Bürgerfreiheiten, Versammlungsfreiheit, Rechtsstaat und Pressefreiheit. Unter den Unterzeichnern sind der Exildichter Adonis, der Philosoph Sadek Jala al-Adhm, die Schauspielerin Naila al-Atrash, die Filmer Mohammed Malas und Omar Amiralai und die Autoren Abderrahman Munif und Haider Haider. Kampagne gegen Korruption
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