Neue Zürcher Zeitung(CH), 05.10.2000 Treffen Baraks mit Arafat in Paris Hektische Krisendiplomatie der Amerikaner Amerikas Aussenministerin Albright ist es in Paris gelungen, nach der Gewalteruption im Nahen Osten den Palästinenserführer Arafat wieder mit Israels Regierungschef Barak an einen Tisch zu bringen. Dem Treffen war ein Tauziehen um Arafats Begehren nach Einsetzung einer internationalen Untersuchungskommission vorausgegangen. Ch. M. Paris, 4. Oktober Amerikas Aussenministerin Albright hat am Mittwoch in Paris den Nahost-Friedensprozess in Krisentreffen mit dem israelischen Ministerpräsidenten Barak und dem Palästinenserführer Arafat zu retten versucht. Im Auftrag Präsident Clintons, der sich überdies in einem Telefongespräch mit Präsident Chirac abgesprochen hatte, war die Leiterin der amerikanischen Diplomatie nach ihrer Teilnahme an der Feier in Dresden zum 10-Jahr-Jubiläum der deutschen Wiedervereinigung in die französische Hauptstadt zurückgekehrt, um Barak und Arafat wieder gemeinsam an den Verhandlungstisch zu bringen. Dies gelang schliesslich erst am Abend nach einem mühevollen Reigen von getrennten Unterredungen, bei denen es vor allem um die von den Israeli zurückgewiesene Forderung der Palästinenser nach Einsetzung einer internationalen Kommission zur Untersuchung der Gewalteruption im Gazastreifen und im Westjordanland ging. Allein schon das mühselige Ringen um die Dreierbegegnung verdeutlichte die Schwierigkeit einer Wiederannäherung der Konfliktparteien. Vorbedingungen der Palästinenser Präsident Chirac eröffnete das komplizierte Menuett separater Treffen der Nahost-Protagonisten, als er frühmorgens den Palästinenserführer Arafat empfing. Dieser hatte kurz zuvor erklären lassen, dass er zu einer Begegnung mit Barak nur bereit sei, wenn eine internationale Kommission zur Untersuchung der jüngsten Eruption von Gewalt nach Sharons Gang auf den Tempelberg eingesetzt und der palästinensischen Bevölkerung ausreichend Schutz gewährleistet werde. Daraufhin verzögerte Barak seinen Abflug aus Israel, bis ihm anscheinend amerikanischerseits das Zustandekommen eines Treffens mit Arafat zugesichert wurde. In Paris kam der israelische Regierungschef dann zuerst mit Albright in der Residenz des amerikanischen Botschafters zusammen, bevor auch er sich zu Chirac ins nahe gelegene Elysée begab. Nach seiner Begegnung mit dem französischen Staatschef machte er ausschliesslich die palästinensische Seite für die Ausschreitungen verantwortlich. Ruhe werde wieder einkehren, sobald sie ihre Polizei- und Milizkräfte zur Feuereinstellung veranlasse. Arafat verlangte in seiner Unterredung mit Chirac eine sofortige Feuereinstellung durch die Israeli, den Abzug der israelischen Truppen aus der Umgebung der von ihnen umstellten autonomen Palästinenserstädte sowie vom Tempelberg in Jerusalem. Die internationale Untersuchungskommission, deren Bildung Israel ablehnte, soll sich nach Arafats Vorstellungen aus Israeli und Palästinensern sowie aus Vertretern Amerikas und der Europäischen Union zusammensetzen. Nachdem Chirac in getrennten Unterredungen mit beiden Kontrahenten des momentan im Chaos versinkenden Nahost-Friedensprozesses konferiert hatte, erhob er in einer Erklärung die Wiederherstellung von Ruhe und Ordnung zur absoluten Priorität. Es müsse jetzt alles unternommen werden, um den Gewalttätigkeiten ein rasches Ende zu bereiten, damit der Friedensprozess gerettet werden könne. Die angesagte Dreierbegegnung von Albright, Barak und Arafat zögerte sich anschliessend jedoch hinaus. Vorerst kam es vielmehr zu einer weiteren Runde von Separatgesprächen der amerikanischen Staatssekretärin mit Barak und dann mit Arafat. Stein des Anstosses blieb offensichtlich die Frage einer internationalen Untersuchungskommission. Der israelischen Regierungschef machte den Gegenvorschlag einer Zusammenkunft israelischer und palästinensischer Militärs, der sich anschliessend Vertreter Amerikas hinzugesellen könnten. |