web de 06.10.2000 19:17 Am «Tag des Zorns» stürmten Israelis den Tempelberg - Dritte Zusammenfassung Polizei ging vor Al-Aksa-Moschee gegen Steine werfende Jugendliche vor - Acht Tote - Proteste gegen Israel in arabischen Ländern Jerusalem (AP)Am von den Palästinensern ausgerufenen «Tag des Zorns» ist es am Freitag in Ostjerusalem, den palästinensischen Gebieten und mehreren arabischen Hauptstädten zu antiisraelischen Protesten und Ausschreitungen gekommen. Auf dem Höhepunkt der Proteste stürmte die israelische Polizei am Freitagabend den Tempelberg in Jerusalem und ging vor dem dritthöchsten Heiligtum des Islams gegen Steine werfende Jugendliche vor. Bei Zusammenstößen mit der israelischen Besatzungsmacht wurden im Westjordanland und im Gazastreifen acht Palästinenser erschossen. Damit sind seit Ausbruch der Unruhen vor neun Tagen 76 Menschen, meist Palästinenser, getötet und rund 1.900 verwundet worden. Die Unruhen in Jerusalem waren unmittelbar nach dem Freitagsgebet in der Al-Aksa-Moschee ausgebrochen. Mehrere dutzend junge Palästinenser warfen Steine auf israelische Sicherheitskräfte. Nach israelischen Angaben wurden bei den Ausschreitungen zehn Polizisten verletzt. Zunächst konnten die Unruhen auf dem Tempelberg von palästinensischen Sicherheitskräften begrenzt werden. Nur wenige Stunden vor der Erstürmung des Tempelberges sagte der Polizeichef von Jerusalem, Jair Izchaki, die Zusammenarbeit mit den palästinensischen Sicherheitskräften habe sich als sinnvoll erwiesen. Ein direktes Eingreifen der Israelis könnte zu einem Blutbad führen. Auf dem Tempelberg, von den Arabern Haram el Scharif genannt, waren in der vergangenen Woche die Unruhen aufgeflammt. Aus Angst vor neuen Unruhen hatte Israel bereits am frühen Morgen die palästinensischen Autonomiegebiete abgeriegelt. So wurden zahlreiche Moslems davon abgehalten, zum Freitagsgebet nach Jerusalem zu pilgern. Rund 8.000 Gläubige versammelten schließlich in der Al-Aksa-Moschee - normalerweise sind es zwischen 10.000 und 15.000. In Nablus protestierten etwa 10.000 Demonstranten gegen die Abriegelung des Westjordanlands. Steine werfende Palästinenser marschierten auf eine nahe gelegene jüdische Siedlung. Israelische Soldaten eröffneten das Feuer auf die Menge und töteten zwei Palästinenser. Später schossen mehrere Palästinenser auf israelische Sicherheitskräfte. Ein weiterer Palästinenser kam in Tulkarem ums Leben, ein vierter wurde in Gaza erschossen. Mehrere dutzend Menschen wurden verletzt. In Amman hinderte die jordanische Polizei tausende wütender Demonstranten mit Tränengas daran, vor die israelische und die US-Botschaft zu ziehen. Die Demonstranten riefen «Tod den Juden» und forderten den Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu Israel. Auch in Damaskus wurden Hunderte von Demonstranten von der Polizei an einem Marsch vor die US-Botschaft gehindert. In Tunis beteiligten sich über 10.000 Demonstranten an einem vom palästinensischen Präsidenten Jassir Arafat und dem tunesischen Präsidenten Zine el Abidine Ben Ali angeführten Protestmarsch. Mubarak kündigt arabisches Gipfeltreffen an Der ägyptische Präsident Husni Mubarak kündigte am Freitag einen arabischen Gipfel zur Situation im Nahen Osten an. Er solle am 21. oder 22. Oktober vermutlich in Kairo stattfinden, sagte Mubarak im staatlichen Fernsehen. Zugleich kritisierte er den israelischen Ministerpräsidenten Ehud Barak, weil dieser nach dem jüngsten Nahost-Gipfeltreffen in Paris nach Hause geflogen war und nicht an einer Fortsetzung des Spitzentreffens mit dem palästinensischen Präsidenten Arafat und US-Außenministerin Madeleine Albright in Scharm el Scheich teilgenommen hatte.
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