Frankfurter Rundschau, 09.10.2000 Abgeschobene Tamilen in Colombo festgenommen Menschenrechtler befürchten Misshandlung durch sri-lankische Polizei / Behörden in Nordrhein-Westfalen übergingen Petition Von Ursula Rüssmann FRANKFURT A. M., 8. Oktober. Zwei tamilische Flüchtlinge in Nordrhein-Westfalen sind am Wochenende trotz eines laufenden Petitionsverfahrens nach Sri Lanka abgeschoben worden. In der Hauptstadt Colombo wurden sie nach Angaben von Unterstützern nach der Ankunft festgenommen und sollen, wie Angehörige erfuhren, zwei Wochen in Haft bleiben. Nagaraju Rajakanthan und Ponnaiah Gunasingam seien nun "akut von Misshandlungen bedroht", fürchten der Internationale Menschenrechtsverein Bremen und der Krefelder Flüchtlingspfarrer Albert Kohlen, die sich für die beiden eingesetzt hatten. In den vergangenen Monaten verstärkten sich die Spannungen in dem Bürgerkriegsland Sri Lanka deutlich. Im Mai beantwortete die Regierung die Terroranschläge der Rebellenorganisation LTTE mit drastisch verschärften Notstandsbestimmungen am Rande des Kriegsrechts. Vor allem im Raum Colombo, so Menschenrechtsorganisationen, sehen sich junge Tamilen immer wieder mit Razzien und Festnahmen konfrontiert. Im Juli warnte deshalb sogar das Auswärtige Amt, jungen Tamilen und aus Deutschland Abgeschobenen drohten vermehrt Verhaftungen. Und wer erstmal in Polizeigewahrsam ist, wird dort laut Amnesty International mit hoher Wahrscheinlichkeit misshandelt. Beobachter berichten ferner, die vielen Attentate der LTTE kurz vor den Parlamentswahlen am Dienstag hätten die antitamilische Stimmung noch angeheizt. Großbritannien zog Konsequenzen: Dort gilt für Tamilen aus Sri Lanka ein Abschiebestopp. Nicht so in der Bundesrepublik. Der Abschiebung der beiden Tamilen aus Moers ging ein mehrwöchiger Hungerstreik in der Abschiebehaft voraus. Der Petitionsausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags kündigte deshalb an, bereits am 17. Oktober über ihren Fall zu entscheiden. Noch am vergangenen Mittwoch hatten die Ausländerbehörden bei einer Anhörung signalisiert, abwarten zu wollen. Gegen die dennoch erfolgte Abschiebung hat der Ausschuss keine Handhabe: Auch im rot-grün regierten NRW gibt es keine klare Weisung der Landesregierung, die Behörden verpflichtet, den Ausgang von Petitionen abzuwarten. So bleibt der Grünen-Vertreterin im Petitionsausschuss, Brigitte Herrmann, nicht mehr, als "großes Bedauern" über die erneute Brüskierung des Gremiums zu äußern.
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