Frankfurter Rundschau, 09.10.2000 Premier stellt Ultimatum /Gefechte in Libanon Im Nahen Osten hat sich am Wochenende die Furcht vor einem neuen bewaffneten Konflikt verstärkt. Israels Premier Ehud Barak setzte den Palästinensern ein Ultimatum bis Montagabend, um die Unruhen in den autonomen Gebieten zu beenden. Die radikal-islamische Hisbollah entführte drei israelische Soldaten. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen verurteilte Israel. JERUSALEM/BEIRUT, 8. Oktober (afp/dpa/rtr). Als Reaktion auf die Entführung der Soldaten griffen israelische Kampfhubschrauber in der Nacht zum Sonntag den libanesischen Grenzort Scheeba an. Bei der Attacke wurden mindestens 16 Libanesen verletzt. Auch am Sonntag überflogen israelische Kampfflugzeuge Libanon und die Hauptstadt Beirut. Die Beiruter Regierung versetzte die Streitkräfte in Alarmbereitschaft. Sie befürchtet nach Angaben aus Militärkreisen wegen der Entführung eine israelische Offensive. Die Verschleppung der drei israelischen Soldaten durch Kämpfer der schiitischen Hisbollah-Miliz nach Libanon verschärfte die Spannungen in der Region zusätzlich. Israel drohte Beirut mit massiver Vergeltung. Barak machte am Sonntag Syrien als "Schutzmacht" für die Vorgänge in Libanon verantwortlich. Das Internationale Rote Kreuz bemühte sich, zwischen den Parteien zu vermitteln. Barak drohte mit dem Ende des Friedensprozesses, falls Palästinenserpräsident Yassir Arafat nicht bis Montagabend für Ruhe in den autonomen Gebieten sorge. Bei den zehntägigen Ausschreitungen in den Palästinenser-Gebieten waren mehr als 80 Menschen getötet und mehr als 2000 verletzt worden. Unter dem Eindruck des Ultimatums verhängte Arafat aus Furcht vor einer israelischen Invasion den Ausnahmezustand. Sämtliche palästinensische Polizeieinheiten und die Geheimpolizei wurden in Alarm versetzt. Die Auseinandersetzungen hielten derweil an. Ein Steinewerfer verletzte nach Angaben von Ordnungskräften einen Israeli so schwer, dass dieser später gestorben sei. Nach Angaben der Armee wurde ein Palästinenser im Westjordanland von einem jüdischen Siedler erschossen. Der israelische Rundfunk meldete, im Gaza-Streifen sei in der Nacht zum Sonntag ein israelischer Bus von Palästinensern beschossen worden, wobei neun Insassen zum Teil schwer verletzt worden seien. Zugleich verständigte sich die israelische Armee nach eigenen Angaben am Sonntag mit den Palästinensern auf ein Abkommen, um die Gewalt im Gazastreifen zu beenden. Zuvor hatte das Militär in der Nacht mehrere Gebäude an der Netzarim-Kreuzung gesprengt. Von den Häusern aus hatten Palästinenser wiederholt auf israelische Soldaten gefeuert. Der UN-Sicherheitsrat verurteilte nach dreitägigem diplomatischem Ringen die "exzessive Gewaltanwendung" Israels gegen die Palästinenser. Die USA enthielten sich der Stimme, verhinderten die Resolution aber nicht durch ihr Veto.
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