Tagesspiegel, 12.10.2000 Waffenexport Ankara kritisiert, dass Berlin Ersatzteillieferung verzögert Thomas Seibert Es muss nicht immer der hochmoderne Kampfpanzer Leopard-II sein, der in den deutsch-türkischen Beziehungen für Unruhe sorgt - das altgediente Vorgängermodell Leopard-I tut's auch. Die Regierung in Ankara beklagte sich nach türkischen Zeitungsberichten vom Mittwoch bitter darüber, dass Deutschland der Türkei aus politischen Motiven keine Ersatzteile für die rund 400 Leopard-I der türkischen Armee liefern wolle. Diese Haltung Berlins werde Konsequenzen für das Verhältnis zu Deutschland haben, drohten namentlich nicht genannte Regierungsvertreter in der Zeitung "Hürriyet". Die Drohung war wohl etwas verfrüht, denn es gibt aus politischen Gründen zwar erhebliche Verzögerungen bei den Ersatzteil-Lieferungen, aber keinen generellen Lieferstopp. In Militärkreisen in Ankara hieß es, die Türkei habe wegen der Vorbehalte in Berlin lange auf die Genehmigung für eine Ersatzteil-Lieferung warten müssen und erst vor kurzem grünes Licht von der Bundesregierung erhalten. Auch das Berliner Verteidigungsministerium erklärte, ihm seien die türkischen Klagen über die Lieferverzögerungen bekannt. Informierte Kreisen in Ankara vermuten, dass dieser Unmut nun von Leo-Gegnern in der Türkei geschürt wird. Elf Länder hatten in der Vergangenheit Leopard-I-Panzer aus Bundeswehrbeständen erhalten - auch die Türkei. Diese Länder werden bis heute mit Ersatzteilen versorgt. Die Türkei hatte vor einigen Monaten einen Antrag auf eine neue Ersatzteil-Lieferung gestellt. Erst vor kurzem wurde der Lieferung zugestimmt. Die Tatsache, dass in Ankara dennoch Kritik an Deutschland laut wird, könnte ein Hinweis auf den erbitterten Konkurrenzkampf auf einem anderen rüstungspolitischen Schlachtfeld sein: Armee und Regierung in der Türkei prüfen derzeit, welcher ausländische Anbieter den Zuschlag für den Bau von 1000 neuen Kampfpanzern für umgerechnet 15 Milliarden Mark erhalten soll. An dem Wettberwerb beteiligen sich der deutsche Leopard-II, der US-Panzer Abrams, der französische Leclerc und ein Panzer aus der Ukraine. Die Chancen des Leopard-II auf den Zuschlag waren durch das bereits mehrfach erklärte Nein der Bundesregierung zu dem Panzergeschäft ohnehin gesunken. Die Berichte über einen Ersatzteil-Boykott beim älteren Bruder Leo-I könnten die Aussichten für den Leo-II nun weiter verschlechtern. |