Aachener Nachrichten, 17.10.2000
Abschiebung ausgesetzt - Neues Gutachten
Atempause für Hüseyin Calhan
Aachen (an-o). Zunächst hieß es am Montag: "Hüseyin
Calhan wird am Dienstag abgeschoben". Dann war klar: Die Abschiebung
ist erst einmal aufgehoben. Die 10. Kammer des Verwaltungsgerichtes ordnete
eine erneute amtsärztliche Untersuchung unter Beiziehung eines Facharztes
an.
Am Montag morgen fuhr der Haarener Betreuerin Calhans, Ursula Neumann,
der Schreck in die Glieder. Der 27-jährige Aachener Friedenspreisträger
rief sie verzweifelt aus dem Bürener Abschiebeknast an, um ihr mitzuteilen:
"Mir wurde gerade gesagt, dass ich am Dienstag um 11.45 Uhr in die
Türkei abgeschoben werde."
Seine Verlegung in die so genannte Abschiebezelle war schon veranlasst.
Danach standen die Telefone nicht mehr still. Eine ungefähr 15 Personen
starke Abordnung machte sich nach Wesel auf, um im dortigen Kreisausländeramt
vorstellig zu werden. Mit dabei: Hermann-Josef Diepers vom Flüchtlingsplenum
und Ursula Neumann. Stundenlang verhandelte eine kleine Delegation mit
dem Chef des Ausländeramtes Wesel, Wolfgang Klaasen.
Neues Gutachten
Gleichzeitig hielt sich Alexander Lohe, Büroleiter des Aachener Oberbürgermeisters,
im Düsseldorfer Innenministerium auf, um gemeinsam mit dortigen Beamten
und Vertretern des Kreises Wesel ein Gespräch als Vorbereitung für
die Sitzung des Petitionsausschusses des Landestages (Dienstag) zu führen.
Kurze Zeit später entschied die 10. Kammer des Düsseldorfer
Verwaltungsgerichtes: Das vorliegende amtsärztliche Gesundheitsgutachten
vom vergangenen Freitag, auf das sich das Kreisausländeramt stützt,
ist unverhältnismäßig gegenüber dem Gutachten, das
der Leiter der psychologischen Tagesklinik Herford, Dr. Wolf Müller,
erstellt hat.
Das Gericht ordnete ein erneutes amtsärztliches Gutachten an, ein
Facharzt der Psychoanalyse muss hinzugezogen werden.
Georg Dünnwald
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