Süddeutsche Zeitung, 24.10.2000 Türkei: 2500 Kriminelle bei Volkszählung festgenommen Polizei macht sich Ausgangssperre zu Nutze Am Sonntag herrschte in der Türkei Ausgangssperre, weil das Volk gezählt werden sollte. Das sahen auch die Kriminellen des Landes ein und blieben zuhause - nicht ohne Folgen. Die türkische Polizei hatte die landesweite Ausgangssperre zum großen Schlag gegen mutmaßliche Straftäter genutzt. Denn selbst viele Kriminelle hielten sich an die strengen Regeln und blieben in ihren Wohnungen. Doch an manchen Türen klopften nicht nur die Zähler, sondern auch die Polizei. Resultat: Im ganzen Land konnten rund 2 500 Verdächtige und Gesuchte gefasst werden. Bei den Festgenommenen handelte es sich unter anderem um gesuchte Kriminelle, junge Männer, die ihren Militärdienst nicht angetreten haben und illegale Prostituierte. Auch PKK-Chef Öcalan wurde nicht vergessen Die Zähler scheuten den Berichten zufolge keine Mühen, um alle Menschen zu erfassen: So seien Bergarbeiter unter Tage, Touristen am Strand und Häftlinge im Gefängnis gezählt worden. Auch der zum Tode verurteilte PKK-Chef Abdullah Öcalan wurde auf der Gefängnis-Insel Imrali im Marmarameer erfasst. Bei einigen Großfamilien mit mehr als 50 Personen dauerte die Zählung mehrere Stunden. Einige Menschen wurden von den Zähl-Beamten dagegen vergessen: In Adapazari im Nordwesten der Türkei wurde eine ganze Straße nicht erfasst. Die Menschen waren bereits bei der letzten Volkszählung vor fünf Jahren vergessen worden. Insgesamt waren 950.000 Zähler von Tür zu Tür gegangen und hatten den Menschen 43 Fragen gestellt. Millionen Türken und Tausende Touristen waren von der 14-stündigen Ausgangssperre betroffen.
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