Frankfurter Rundschau, 28.10.2000 Berlin setzt auf breites Bündnis Westerwelle bewertet Material gegen NPD mit Skepsis BERLIN, 27. Oktober (dpa/ap). Nach der Zustimmung der Bundesländer geht die Bundesregierung davon aus, dass alle drei Verfassungsorgane - Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung - gemeinsam beim Verfassungsgericht einen Antrag auf ein Verbot der rechtsextremen NPD stellen. Das sagte der Sprecher der Bundesregierung, Uwe-Carsten Heye, am Freitag in Berlin. Am Donnerstag hatten sich die Ministerpräsidenten bei ihrer Konferenz in Schwerin mit großer Mehrheit für ein Verbot ausgesprochen. Lediglich Hessen und das Saarland hatten einen entsprechenden Antrag an das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe abgelehnt. Für die Bundesregierung sei der Verbotsantrag ein wichtiges Zeichen für die wehrhafte Demokratie, sagte Heye. Ein Verbot reiche aber nicht aus, der politische Kampf gegen die Rechten gehe weit darüber hinaus. Die gesamte Gesellschaft bleibe aufgefordert, sich gegen die zu wenden, die allein entscheiden wollten, wer in diesem Land leben und arbeiten dürfe. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte, nach Erkenntnissen der zuständigen Behörden habe es bei der NPD in letzter Zeit "Verschärfungen" gegeben. Dies heiße, dass Gewalttäter von der NPD ermuntert worden seien und psychische Rückendeckung erhalten hätten. Der Sprecher betonte, dass die verfassungsrechtlichen Hürden für das Verbot einer Partei aber hoch seien. Deshalb komme auch ein Eilantrag in Karlsruhe nicht in Frage. Die FDP ist auch nach dem positiven Votum der Länder weiterhin gegen einen Verbotsantrag. Generalsekretär Guido Westerwelle sagte im Südwestrundfunk, unabhängig vom Ausgang eines Verfahrens in Karlsruhe sei ein solches "in jedem Fall eine Verstärkung des Rechtsradikalismus und keine Schwächung". Bei einem Verbot würden die NPD-Anhänger bei DVU und "Republikanern" unterschlüpfen, die viel gefährlicher seien, da sie in Parlamenten vertreten seien. Ein Scheitern des Verbotsantrages bezeichnete Westerwelle als "TÜV-Siegel von Karlsruhe" und "wirkliches Desaster für die Demokraten, weil die NPD anschließend mit einem Persil-Schein aufgewertet in die Wahlkämpfe ginge". Das geplante Verbotsverfahren sei "das Gegenteil von gut gemacht, nämlich nur gut gemeint". Das Material sei erstaunlich dünn und bestehe vor allem aus zurückliegenden Vorgängen und Quellen statt aus "aktuellen, brandneuen Erkenntnissen". Ein Verbotsverfahren werde sich über vier bis fünf Jahre hinziehen, sagte der FDP-Generalsekretär. In dieser Zeit werde die NPD "eine Bühne haben, auf der sie sich im Scheinwerferlicht produziert". DVU und "Republikaner" könnten in den Wahlkämpfen sagen, "uns könnt ihr wählen, wir sind die anständigen Rechtsradikalen". |