Süddeutsche Zeitung, 28.10.2000 Wettlauf nach Karlsruhe Bis Mitte November wollen Regierung, Bundestag und Bundesrat ihre Anträge für ein Verbot der NPD beschließen Beim NPD-Verbotsantrag liefern sich die Verfassungsorgane inzwischen ein Rennen. Nachdem erst Skepsis herrschte, ob ein Gang nach Karlsruhe Sinn macht, ist nun von drei Anträgen die Rede: Am 8. November könnte die Bundesregierung den ihren beschließen. Der Bundesrat will zwei Tage später entscheiden, der Bundestag könnte nach dem Wunsch des SPD-Innenexperten Dieter Wiefelspütz Mitte des Monats folgen. Der Grund des Wettlaufs ist nicht rechtlicher, sondern politisch-taktischer Natur. Für ein Verfahren in Karlsruhe ist die Zahl der Anträge egal. Mehrere Anträge würden zusammengefasst und gemeinsam verhandelt. Doch in Parlament und Länderkammer wollen sich viele in der symbol- und publizitätsträchtigen Frage nicht von der Regierung in den Schatten stellen lassen, zeigen, dass sie den Kampf gegen Rechts ebenso hart betreiben wie Kanzler Gerhard Schröder. Dem ist zwar an Beistand des Parlaments gelegen, um für den Fall einer Niederlage vor Gericht gewappnet zu sein. Drei Anträge, so heißt es in Regierungskreisen, seien dazu aber nicht nötig. Eine Unterstützung beider Kammern reiche. Doch manchen Bundesländern und Abgeordneten genügt das nicht - zum Beispiel Bayern und Niedersachsen. Diese Länder hatten die Bundesregierung zum Verbotsantrag gedrängt und wollen zusammen im Bundesrat einen Eigenantrag durchsetzen. "Wir haben das mit Bayern angefangen. Warum sollen wir uns nun hinter der Bundesregierung verstecken und nicht selbst Flagge zeigen?", heißt es im Innenministerium in Hannover. Ähnlich argumentiert Wiefelspütz: "Wenn ich als Bundestag das Recht auf Antragstellung habe, muss ich niemandem hinterherlaufen und kann selbst in einer wichtigen Frage Farbe bekennen. Farbe bekennen müsste dann wohl auch die Unionsfraktion, in der die Ansichten über einen Verbotsantrag auseinander gehen. Die möchte anders als Teile der SPD-Fraktion auch deshalb lieber einen Entschließungsantrag zum NPD-Verbot als eine eigene Parlamentsinitiative. CDU und CSU argumentieren, dass sich Abgeordnete - anders als Innenminister - kein wirklich klares Bild von der Materiallage gegen die NPD machen könnten. Welches Verfahren der Bundestag wählt, ist noch nicht ausgemacht. Der Innen- und Rechtsexperte der Unionsfraktion, Wolfgang Bosbach, warnte die SPD aber schon vor Polit-Manövern: "Für taktische Spiele ist das Thema ungeeignet. Dazu ist es viel zu wichtig. Susanne Höll |