yahoo.com, 28.10.2000, 23:42 Uhr

Schröder als Friedensmakler unterwegs

Bundeskanzler Gerhard Schröder hat zum Auftakt seiner fünftägigen Nahost-Reise die Konfliktparteien im Nahen Osten zum Ende der Gewalt aufgerufen. Auf seiner ersten Station in Ägypten sagte er, dies sei die notwenige Voraussetzung, um den Friedensprozess fortzusetzen. Überschattet wurde die Reise von neuen Gewalttaten im Gazastreifen und im Westjordanland.

Noch am Abend kam Schröder mit dem ägyptischen Staatschef Husni Mubarak zusammen. Der Kanzler würdigte die Rolle von Mubarak auf dem Krisengipfel von Scharm el Scheich. Dies sei eine historische Leistung gewesen, Mubarak der wichtigste Makler für die Friedensverhandlungen.

Weitere Reisestationen des Kanzlers sind der Libanon, Jordanien und Syrien. Zum Schluss wird Schröder auch mit dem israelischen Ministerpräsidenten Ehud Barak und Palästinenserpräsident Jassir Arafat zusammentreffen.

Tote und Verletzte bei neuen Kämpfen im Gaza

Trotz intensiver Vermittlungsbemühungen zwischen den Konfliktparteien sind bei neuen Kämpfen zwischen Palästinensern und israelischen Soldaten im Westjordanland und dem Gazastreifen dutzende Menschen verletzt worden. Ein palästinensischer Jugendlicher wurde bei Raffah durch einen Kopfschuss getötet.

Im Bereich der autonomen Stadt Ramallah wurde in einem Auto die verkohlte Leiche eines Israelis gefunden. Die israelische Polizei glaubt, dass der Mann einem Lynchmord aus nationalistischen Gründen zum Opfer gefallen ist. Die Palästinenser glauben an einen Mord krimineller Natur. Der Mann sei als Drogenhändler bekannt.

Die Fatah-Bewegung von Arafat hatte den Freitag erneut zum "Tag des Zorns" erklärt und die Gläubigen aufgerufen, sich den israelischen Truppen entgegenzustellen. Auf dem Tempelberg in Jerusalem, einem traditionellen Zentrum der Gewalt, blieben die befürchteten Unruhen jedoch aus.

In der Stadt Nablus im Westjordanland zogen rund 2.000 Anhänger der militanten Hamas durch die Straßen und skandierten "Wir wollen eine große Bombe. "

Israels Generalstabschef Schaul Mofaz sagte, das Militär rechne mit weiteren Anschlägen. Die Armee befand sich in höchster Alarmbereitschaft. Am Donnerstag war bei einem Selbstmordattentat ein israelischer Soldat leicht verletzt worden.

USA wollen weiter vermitteln

Die USA unternahmen unterdessen einen weiteren Vermittlungsanlauf. Präsident Bill Clinton telefonierte mit dem israelischen Ministerpräsidenten Ehud Barak. Dabei ging es auch um ein neues Dreier-Treffen in Washington mit Palästinenserpräsident Jassir Arafat.

Die Aussichten auf baldige Gespräche wurden vom Präsidialamt gedämpft. Sprecher Jake Siewert sagte, zunächst müssten die Unruhen ein Ende haben. Clinton selbst sagte zu Journalisten: "Ich arbeite sehr hart an dieser Sache. Ich bin frustriert. Ich bin ebenso frustriert wie Sie."

Das amerikanische Außenministerium gab unterdessen bekannt, dass der israelische Außenminister Schlomo Ben-Ami Mitte der Woche nach Washington reisen werde. Er wolle sich dabei unter anderem mit Außenministerin Madeleine Albright und anderen Regierungsvertretern treffen.