Frankfurter Rundschau 31.10.2000 Gegen eine Vermittlung Schröders hätte Beirut nichts einzuwenden Parlamentspräsident Berri spricht mit dem Kanzler über entführte israelische Soldaten / Berlin sagt Investitionen zu Von Knut Pries (Amman) Die politische Führung in Beirut hat Bundeskanzler Gerhard Schröder während seiner Nahost-Reise ihr Interesse an einer deutschen Vermittlung im Fall von vier verschleppten israelischen Soldaten signalisiert. Das erklärte der libanesische Parlamentspräsident Nabih Berri am Montag nach einer Unterredung mit Schröder. Er habe bei dem deutschen Kanzler "Bereitschaft gespürt", an der Lösung des Falles durch einen Gefangenenaustausch mitzuwirken, sagte Berri. Das könne aber nicht öffentlich gemacht werden, fügte der Parlamentspräsident hinzu. Die vier Israelis - drei Soldaten und ein Offizier im Ruhestand - werden von der schiitischen Hisbollah-Miliz vermutlich in Südlibanon festgehalten. Die Bundesregierung lehnt eine Vermittlerrolle im Nahen Osten grundsätzlich ab. Schröder hat aber erkennen lassen, dass er bei "humanitären Problemen" Hilfe anbieten könne, wenn das von den Beteiligten gewünscht werde. Die deutsche Delegation signalisierte, zu einer Vermittlung bereit zu sein, wenn sämtliche beteiligte Parteien - Libaon, Syrien und Israel - damit einverstanden seien. Beirut fürchtet israelische Angriffe auf Hisbollah-Stellungen im Süden Libanons, falls die vier Männer nicht bald freigelassen werden. Nach dem Arbeitsfrühstück mit Berri flog der Kanzler zu einer kurzen Visite nach Jordanien, wo er im Raghadan-Palast von König Abdallah empfangen wurde. Anschließend kam er mit Ministerpräsident Ali Abu Raghed zusammen. Im Mittelpunkt der Gespräche in Libanon, vor allem mit Ministerpräsident Rafic Hariri, hatten die Chancen zur Rettung des Friedensprozesses und die bilaterale wirtschaftliche Zusammenarbeit gestanden. Schröder sei sein "persönlicher Freund" und ein Freund Libanons, sagte Hariri bei einem Abendessen zu Ehren des Gastes: "Kein Land kann besser begreifen als Deutschland, wie der Libanon unter Kriegen zu leiden und welchen Preis er zu zahlen hatte." Der Ministerpräsident griff Israel wegen Verstößen gegen internationales Recht und Grausamkeit beim Vorgehen gegen die Palästinenser an, bekannte sich aber zu einer gewaltfreien Lösung des Konflikts in der Region. Dabei könne Deutschland "eine wichtige und entscheidende Rolle" spielen. Ähnlich äußerte sich auch Präsident Emile Lahoud, das dritte Mitglied der Staatsführung, mit dem Schröder zusammentraf. Der Kanzler blieb gegenüber solchen Aufforderungen bei seiner zurückhaltenden Linie. Er versprach aber Unterstützung für den raschen Abschluss eines "Mittelmeer-Abkommens" der Europäischen Union mit Libanon sowie Hilfe beim Wiederaufbau der vom Krieg zerstörten Infrastruktur und im Bildungwesen. Jordanien ist bereits Empfänger umfangreicher deutscher und europäischer Entwicklungshilfe. Nach den USA und Japan ist die Bundesrepublik das drittgrößte Geberland außerhalb der arabischen Welt. Das Geld - insgesamt 1,7 Milliarden Mark seit 1950 - kommt vor allem der Regionalförderung, dem Umweltschutz und der Wasserwirtschaft zugute. Demgegenüber stagnieren die Direktinvestitionen bislang bei weniger als einer Million Mark pro Jahr, während etwa französische Firmen mit mehreren hundert Millionen jährlich engagiert sind.Zum Abschluss seiner Konsultationen in Jordanien teilte Schröder mit, beide Seiten wollten die Investitionstätigkeit fördern. "Es gibt große Privatisierungsvorhaben in Jordanien", sagte der Kanzler. Am Montagabend traf Schröder in Syrien ein, der vierten Station seiner Nahost-Reise. Es folgen Etappen in Israel und den Autonomiegebieten.
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