Süddeutsche Zeitung 31.10.2000 Israel kündigt Offensive gegen Palästinenser an Militär will Sonderkommandos einsetzen / Israeli in Ostjerusalem erschossen / Barak entgeht Misstrauensanträgen / Von Petra Steinberger
Die Zahl der Toten seit Beginn der Unruhen stieg unterdessen auf 143. Am Montag kam es zu Übergriffen, die auf ein mögliches Ansteigen von Attacken auf Einzelpersonen und Zivilisten hindeuten. Im arabischen Ostjerusalem schoss ein Palästinenser auf zwei israelische Wachleute einer von ihnen starb im Krankenhaus. Es war das erste Mal seit Beginn des palästinensischen Aufstandes, dass Israelis in Jerusalem angegriffen wurden. Zuvor war zwischen Gilo, einer israelischen Siedlung bei Jerusalem, und dem palästinensischen Dorf Beit Dschala die Leiche eines erstochenen Israelis entdeckt worden, der nach Angaben der israelischen Polizei vermutlich von Palästinensern ermordet worden ist. Zwischen Gilo und Beit Dschala war es in den letzten Wochen immer wieder zu Feuergefechten gekommen, nachdem Palästinenser die Siedlung von Beit Dschala aus beschossen hatten. In der Nähe der Ortschaft Jabed im Westjordanland wurde die Leiche eines Palästinensers entdeckt, der nach Angaben palästinensischer Ärzte vermutlich bei einem Feuergefecht mit israelischen Soldaten durch einen Kopfschuss getötet worden ist. Der Ausbau von jüdischen Siedlungen in Ostjerusalem und der Westbank wird derweil weiter vorangetrieben: Am Donnerstag will die Jerusalemer Stadtverwaltung über einen Ausbau der heftig umstrittenen Siedlung Har Homa beraten, auch über eine Ausweitung Gilos und den Neubau einer weiteren jüdischen Siedlung bei Abu Dis, dem vorgeschlagenen zukünftigen Sitz einer palästinensischen Regierung. Das israelische Parlament trat unterdessen erstmals nach der Sommerpause wieder zusammen. Parlamentssprecher Avraham Burg hatte die Anfrage eines arabischen Abgeordneten abgewiesen, zu Beginn eine Schweigeminute für die 13 arabischen Israelis einzulegen, die in den ersten Tagen der Unruhen getötet worden sind. Während die Verhandlungen zwischen Premierminister Ehud Barak und dem rechtsgerichteten Likud-Chef Ariel Scharon über eine Koalition zur Bildung einer Nationalen Einheitsregierung bisher kein Ergebnis brachten, ist Barak nicht unmittelbar von einem Sturz bedroht. Zwei Misstrauensanträge wurden in der Knesset von der Tagesordnung genommen. Palästinenser-Präsident Jassir Arafat traf unterdessen in Scharm el-Scheich den ägyptischen Staatschef Hosni Mubarak, um über die Unruhen und den Stillstand des Friedensprozesses zu sprechen. Der PLO-Zentralrat werde am 15. November zusammentreten, sagte Arafat nach dem Treffen.
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