Neue Zürcher Zeitung (CH), 1. November 2000 Iranischer Staatsbesuch in Japan us. Tokio, 31. Oktober Der iranische Präsident Khatami ist am Dienstag zu einem viertägigen Staatsbesuch in Tokio eingetroffen. Erstmals seit 1958 besucht wieder ein iranisches Staatsoberhaupt Japan. Khatami trifft am Mittwoch mit Ministerpräsident Mori zusammen. Auch wird er vor dem japanischen Unterhaus sprechen. Letztmals wurde diese Ehre einem ausländischen Staatsgast zuteil, als Südkoreas Präsident, Kim Dae Jung, 1998 Japan besuchte. Khatami wird auch vom Kaiser empfangen und wird mit japanischen Wirtschaftsführernzusammentreffen. Aussenpolitisch dürfte der Besuch wenig Konkretes erbringen. Japan folgt in den Fussstapfen mehrerer europäischer Staaten, welche die verhältnismässig moderate Position des iranischen Präsidenten bereits zum Anlass genommen haben, die Beziehungen mit Teheran zu entspannen. Die Iraner sind daran interessiert, dass Tokio die Gewährung seiner staatlichen Wirtschaftshilfe wieder aufnimmt. Staatskredite an Iran sind seit 1993 eingefroren. Für die Japaner wiederum steht die Energieversorgung im Vordergrund. Beim Erdöl ist Japan praktisch zu hundert Prozent von Importen abhängig. Der grösste Teil derselben kommt aus dem Mittleren Osten. Mit Hilfe Khatamis, der von seinem Erdölminister begleitet wird, hofft man sicherzustellen, dass Japan Vorzugsrechte bei der Ausbeutung des ölreichen Azadegan-Felds im westlichen Iran eingeräumt werden. |