Frankfurter Rundschau, 1.11.2000 Für Barak ist der Kanzler ein "enger Freund" Israel setzt auf deutsche Hilfe für den Nahen Osten / Schröder sieht neue Akzente für Beziehungen zu Syrien Von Knut Pries (Jerusalem) Israel zählt auf deutschen Beistand für eine friedliche Lösung der Nahost-Krise. Der israelische Ministerpräsident Ehud Barak verwies zu Beginn des eintägigen Besuchs von Bundeskanzler Gerhard Schröder auf die "ganz besondere Rolle" Deutschlands in der Europäischen Union. "Sie werden uns helfen, ein Ende dieser Gewalt herbeizuführen", sagte Barak nach einer ersten Unterredung mit dem Bundeskanzler. Dieser erinnerte an die Beteiligung der EU am Nahost-Gipfel in Scharm-el-Scheich: "Möglicherweise können wir das wiederholen." Zunächst will sich die Bundesregierung um die Freilassung von vier von der Schiiten-Miliz Hisbollah entführten israelischen Soldaten bemühen. "Sagen Sie den Eltern der gefangenen Soldaten, dass Deutschland bereit ist zu helfen", teilte Schröder seinem israelischen Kollegen mit. Zuvor hatte bereits der Libanon um Vermittlung in der Sache gebeten. Barak begrüßte seinen Gast als "sehr engen Freund" Israels, dem Dank gebühre für Bemühungen um den Friedensprozess und die Entwicklung der deutsch-israelischen Beziehungen sowie für seinen Einsatz gegen den Antisemitismus und den Rechtsextremismus in Deutschland. Israel befinde sich "in einem Kampf um das Recht, als Volk in seinem Gebiet zu leben", sei aber zum Frieden mit den Palästinensern bereit. Dafür werde er sich "mit heißem Herzen einsetzen", versicherte Schröder bei der offiziellen Begrüßung am Amtssitz des israelischen Premierministers. Der Weg zum Frieden müsse über die Umsetzung der Vereinbarungen von Scharm-el-Scheich führen, also über einen Gewaltverzicht aller Parteien und ein weiteres Treffen Baraks mit Palästinenserpräsident Yassir Arafat unter Vermittlung von US-Präsident Bill Clinton. Dazu "wollen wir als Deutsche und Europäer einen Beitrag leisten". Der Kanzler will am heutigen Mittwoch zum Abschluss seiner fünftägigen Rundfahrt mit Arafat sprechen. Nach Israel war er von Syrien aus gekommen, der vierten Station seiner Nahost-Reise, wo er am Vorabend zweimal mit Präsident Baschar al-Assad zusammengetroffen war. Bei einem Abendessen zu Ehren der deutschen Delegation hatte das junge Staatsoberhaupt, Sohn des im Sommer gestorbenen Hafis al-Assad, scharfe Töne gegen Israel angeschlagen, dem er die Annexion arabischen Gebiets, "Mordtaten" an Kindern und Zivilisten sowie einen Unwillen zum Frieden vorwarf. In diesem Zusammenhang müssten die Europäer "an der Seite des Rechts und der Gerechtigkeit Stellung nehmen". Schröder ging darauf nicht direkt ein und wiederholte lediglich die Standardforderung nach "dauerhaftem Frieden auf der Grundlage der Resolutionen des UN-Sicherheitsrates". Deutschland wisse, dass "die Gegner von heute die Partner von morgen" seien. In einem vertraulichen Gespräch habe sich Baschar anschließend moderater geäußert, hieß es später in der deutschen Delegation. Man habe den Eindruck, der Präsident habe verstanden, dass sein Land große Entwicklungschancen vertue, wenn es nicht auf Frieden setze. Als solche Chance wertete Schröder die nunmehr verbindlich vereinbarte Regelung der syrischen Altschulden an die Bundesrepublik. Damit werde der Weg frei für deutsche Finanzhilfen in Höhe von 62 Millionen Mark zu Gunsten der Wasserversorgung, Armutsbekämpfung und Bildung in Syrien. Zugleich könne ein 75-Millionen-Kredit der Europäischen Investitionsbank nun freigegeben werden. "In den deutsch-syrischen Beziehungen wird es einen Neuanfang geben", sagte der Kanzler. |