taz 1.11.2000 Friedenspreisträger fliegt raus Proteste konnten NRW-Innenminister nicht umstimmen: Der Kurde Hüseyin Calhan, Sprecher des Wanderkirchenasyls, wurde gestern in die Türkei abgeschoben KÖLN taz Alle Proteste haben nichts genützt: Gestern wurde Hüseyin Calhan abgeschoben. Am Mittag startete die Chartermaschine der rumänischen Tarom mit dem 27-jährigen Kurden vom Düsseldorfer Flughafen in Richtung Türkei. "Das ist ein klarer Sieg der Ausländer-raus-Politik", kommentierte verbittert Andrea Genten, Flüchtlingsbeauftragte des Bistums Aachen. Calhan lebte bis zu seiner Verhaftung Ende September im Aachener Wanderkirchenasyl. Flüchtlingshilfeorganisationen hatten bis zuletzt auf einen Gnadenakt von Nordrhein-Westfalens Innenminister Fritz Behrens (SPD) gehofft. Vergebens. Die Abschiebung des Aachener Friedenspreisträgers sorgt für Streit in der rot-grünen NRW-Koalition. So widersprach der migrationspolitische Sprecher der grünen Landtagsfraktion, Jamal Karsli, vehement der Ansicht des SPD-Innenministeriums, die Entscheidungen des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge und der Gerichte hätten dem Ministerium keinerlei Ermessensspielraum gelassen. "Wenn der Wille da gewesen wäre, hätte ein Weg gefunden werden können", sagte Karsli zur taz. Die Abschiebung Calhans sei "beschämend für einen sozialdemokratischen Innenminister". Richtung Ministerpräsident Wolfgang Clement sagte Karsli: "Clement muss sich überlegen, ob eine solch rigide Abschiebepolitik nicht ernsthaft seine Glaubwürdigkeit beim Kampf gegen rechts gefährdet." Calhan, der auf seinem Flug vom grünen Vize-Landtagsfraktionschef Reiner Priggen begleitet wurde, war einer der Sprecher des NRW-Wanderkirchenasyls. Für seinen Verbleib in Deutschland hatten sich auch Literaturnobelpreisträger Günter Grass und der Aachener Bischoff Heinrich Mussinghoff eingesetzt. PASCAL BEUCKER |