junge Welt, 01.11.2000 Berlin: Staatsschutz bei junge Welt-Autor Haussuchung nach Berichten über Arbeit der Volksbefreiungspartei DHKP-C in der BRD Der Staatsschutz ließ am Dienstag Punkt 6 Uhr morgens die Wohnung des Berliner Journalisten und junge Welt-Autoren Peter Nowak durchsuchen. Seit Jahren ist Nowak für seine Berichterstattung über staatliche Repressionen gegenüber politischen Aktivisten bekannt. Bei der Durchsuchung beschlagnahmten acht Polizisten neben einem Computer zahlreiche Pressematerialien, darunter Flugblätter und Broschüren zu internationalistischen Themen. Ein Augenzeuge der Polizeiaktion berichtet von einem »größeren Einsatz«: Dabei sei das Haus im Bezirk Prenzlauer Berg, in dem Nowak wohnt, von Dutzenden Polizeibeamten umstellt gewesen. Schließlich wurde die Tür zur Wohnung aufgebrochen, es folgte eine zweistündige Durchsuchung. Im Anschluß wurde die Wohnungstür schließlich vernagelt. Die Angaben des Augenzeugen, Nowak sei zur Wache mitgenommen worden, wollte die Polizei am frühen Morgen gegenüber junge Welt zunächst weder bestätigen noch dementieren. Gegen elf Uhr meldete sich Nowak schließlich bei jW und berichtete, er sei nach der Durchsuchung zur »erkennungsdienstlichen Untersuchung« in die Gefangenensammelstelle nach Berlin-Hohenschönhausen gefahren worden. Diese Identitätsbehandlung beinhaltete neben der Abnahme von Fingerabdrücken auch mehrere Fotoaufnahmen. Im Durchsuchungsbefehl wird Nowak der Verstoß gegen das Vereinsgesetz vorgeworfen. Hintergrund ist Nowaks Solidaritätsarbeit für die in der Bundesrepublik kriminalisierte revolutionäre Volksbefreiungspartei DHKP-C. Die DHKP-C kämpft in der Türkei für das Selbstbestimmungsrecht von Kurdinnen und Kurden sowie Türkinnen und Türken. Der Durchsuchungsbefehl trägt das Datum des 27. Septembers 2000. Einen Monat nach dessen Ausstellung griffen die Polizeibeamten des Abschnitts 76 sowie mehrere Staatsschützer zu. Nowak sagte gegenüber jW, daß der Eingriff wohl wegen des derzeit laufenden Hungerstreiks von DHKP-C-Gefangenen gegen die geplante Einführung von Isolationsgefängnissen nach dem deutschen Modell Stammheim in der Türkei durchgeführt wurde (jW berichtete). In der Bundesrepublik laufen seit Jahren Kriminalisierungskampagnen unter anderem gegen linke türkische und kurdische Organisationen sowie Parteien. Aktuell läuft in Hamburg der Prozeß gegen den fast blinden Nuri Eryüksel. Autoren wie Peter Nowak sorgen mit ihren Beiträgen dafür, daß diese Repression möglichst transparent wird. Auch in Kaiserslautern wurde am Dienstag eine Wohnung in gleicher Sache durchsucht. Auch hier war der Durchsuchnugsbefahl vom Amtsgricht Berlin-Tiergarten ausgestellt worden. Andreas Siegmund-Schultze |