Kurier (A), 2.11.2000 Türkei: Striktes Gesetz gegen Menschenhandel Ankara - 500 halb verdurstete Flüchtlinge aus dem Nahen Osten fischte die italienische Marine bei Sturm aus ihren Gewässern. Das Schiff war acht Tage zuvor ohne Trinkwasser aus der türkischen Hafenstadt Izmir ausgelaufen. Die türkische Besatzung wurde wegen Schlepperei verhaftet. Andere Passagiere der türkischen Menschenhändler haben weniger Glück: Im August ertranken mehr als 20 Flüchtlinge aus Irak, Iran und Afghanistan, als ihr türkischer Kahn noch vor griechischen Gewässern kenterte. Zehntausende Menschen aus Asien, Afrika und dem Nahen Osten schaffen es jedes Jahr trotz dieser Gefahren über die Türkei nach Westeuropa. EU-Regierungen fordern von Ankara ein entschlosseneres Vorgehen gegen die Schlepperei. Das türkische Justizministerium reagierte und legte eine Gesetzesinitiative vor. Damit soll der Menschenhandel gestoppt werden. Schlepperei als schweres Delikt Eine Gesetzeslücke machte den Menschenhandel nahezu risikolos. Schlepperei soll künftig als Organisierte Kriminalität geahndet werden. Zuchthausstrafen von bis zu zehn Jahren dienen als Abschreckung. Zudem können die von Schleppern genutzten Schiffe und Lastwagen leichter beschlagnahmt werden. Der türkische Justizminister Hikmet Sami Türk begründete seine Initiative mit dem jüngsten Anstieg der Zahl illegaler Einwanderer, die die Türkei als Durchgangsland auf ihrem Weg in den Westen nutzen. Erwischten die türkischen Sicherheitskräfte 1997 und 1998 noch jeweils knapp 30.000 Menschen beim illegalen Transit durch die Türkei, so waren es im vergangenen Jahr schon fast 50.000 und alleine in den ersten sieben Monaten dieses Jahres bereits mehr als 40.000. PKK verantwortlich gemacht Seit Jahren schon fordern die Westeuropäer von Ankara, sie besser vor der unerwünschten Migration zu schützen. Doch als vor knapp drei Jahren eine besonders große Flüchtlingswelle an die italienischen Küsten schlug und die europäischen Regierungen händeringend um Abhilfe baten, verwies die türkische Regierung noch trotzig auf die kurdische Rebellengruppe PKK, die sie für das Schlepperwesen verantwortlich machte. Nicht zuletzt wegen ihrer Aspirationen auf EU-Mitgliedschaft zeigt sich die Türkei in jüngster Zeit aber kooperativer im Kampf gegen den Menschenhandel. Schon im Sommer stellte die zentrale Polizeibehörde eine detaillierte Untersuchung über die wichtigsten Infiltrations- und Fluchtpunkte vor, die als Grundlage für eine bessere Grenzüberwachung dienen soll. APA/ale |