junge Welt, 02.11.2000 Zu Wasser, zu Lande, in der Luft U-Boote aus Deutschland ermöglichen Israel nukleare Zweitschlagskapazität Während der deutsche Kanzler Gerhard Schröder durch die Krisenzone Nahost tingelte und »eher pastoral denn politisch« (Der Spiegel) an Israelis wie Palästinenser appellierte, die Gewalt zu beenden, empören sich arabische Medien über einen anderen Bericht des Hamburger Wochenmagazins, wonach »die deutsche Regierung mit finanzieller und technischer Hilfe Israel beim Aufbau einer nuklearen Zweitschlagkapazität gegen einen möglichen arabischen Nuklearangriff unterstützt«. In der Tat hatte Der Spiegel bereits am 18. Juni 2000 berichtet, daß »Israel von zwei aus Deutschland gelieferten U-Booten aus Marschflugkörper abgefeuert hat, die mit Atomwaffen bestückt werden können«. Demnach sei Israel neben den USA und Rußland nun das dritte Land, das solche Atomwaffen von U-Booten starten könne. Zu den Tests seien zwei der insgesamt drei U-Boote des Typs »Dolphin« verwendet worden, die von Deutschland finanziert und gebaut worden seien. Die Nachricht entstammt einem Bericht der britischen Zeitung The Sunday Times, die sich wiederum auf Quellen im israelischen Verteidigungsministerium berief. Demnach fanden die Tests mit den Marschflugkörpern im Mai 2000 in der Nähe von Sri Lanka statt. Die Cruise Missiles hätten Seeziele in 1 500 Kilometer Entfernung getroffen. Sie seien mit konventionellen Sprengköpfen bestückt gewesen. Obwohl Israel niemals offiziell zugegeben hat, über Atomwaffen zu verfügen, kann davon ausgegangen werden, daß der Staat über 100 bis 200 Atomsprengköpfe besitzt. Arabische Schätzungen liegen sogar noch höher. Die israelischen Marschflugkörper könnten mit Atomwaffen bestückt werden. Dabei handele es sich um Sprengköpfe mit einem Gewicht von 200 Kilogramm, in denen jeweils sechs Kilogramm Plutonium enthalten seien. Die erfolgreichen Tests würden zweifellos die Nachbarn Israels beunruhigen, schrieb The Sunday Times. Israel fühle sich vor allem durch mögliche iranische Atomwaffen bedroht. Die Tests seien aber auch peinlich für die deutsche Regierung, weil diese die drei »Dolphin«-U-Boote finanziert habe. Die Möglichkeit einer Stationierung von Atomwaffen auf den U- Booten deutscher Herkunft ergänze die schon vorhandenen Flugzeuge und die auf dem Boden stationierten mobilen Raketen-Abschußbasen. Die Nutzung der U-Boote als Basis für atomtaugliche Raketen sei von Experten zwar seit langem vermutet worden, jedoch sei nicht damit gerechnet worden, daß dies so rasch passiere. Das dritte der aus Deutschland kommenden U-Boote, von denen jedes 300 Millionen kostet, ist in der vergangenen Woche in Israel angekommen. Wolf Reinhardt |