Aachener Zeitung, 3.11.2000 Wegen Calhan: Berta Kals lehnt Verdienstkreuz weiter ab Aachen. Vor knapp zwei Wochen sorgte sie für großes Aufsehen: Berta Kals lehnte das Bundesverdienstkreuz am Bande ab, das ihr Oberbürgermeister Dr. Jürgen Linden für ihr vielfältiges Engagement verleihen wollte. Solange der Kurde Hüseyin Calhan, Sprecher des Aachener Wanderkirchenasyls, in Abschiebehaft sitze, könne sie die Auszeichnung nicht annehmen, erklärte die 77-jährige Künstlerin. Nun ist Calhan abgeschoben worden. «Ich kann immer noch nicht richtig glauben, dass so etwas in unserem Staat möglich ist», sagt Berta Kals im Gespräch mit AZ-Redakteur Oliver Schmetz. Was haben Sie empfunden, als Sie von Hüseyin Calhans Abschiebung erfuhren? Berta Kals: Als ich davon hörte, habe ich es zuerst gar nicht glauben wollen. Ich dachte, das darf doch nicht wahr sein, ich war völlig sprachlos. Hüseyin Calhan kenne ich gut, deswegen geht mir sein Schicksal sehr nahe. Hat Sie die Entscheidung gegen Calhan denn überrascht? Kals: Ich habe bis zuletzt gehofft, dass Calhan bleiben kann, dass sich die Menschlichkeit durchsetzt. Und ich kann immer noch nicht glauben, dass solch eine Abschiebung in unserem Staat möglich ist. Ihre Entscheidung, wegen Calhan das Bundesverdienstkreuz abzulehnen, hat für viel Aufsehen gesorgt. Kals: Ich wusste nicht, dass das solch einen Wirbel auslösen würde. Aber ich bin froh, dass ich die Auszeichnung nicht angenommen habe. Ich hätte mir sonst bis an mein Lebensende Vorwürfe gemacht. Allerdings war das keine politische Entscheidung, wie manche vielleicht denken. Ich bin keine politische Frau, sondern handele aus christlichem Antrieb heraus. Und ich habe das Verdienstkreuz ja gar nicht rundweg abgelehnt, sondern nur die Annahme aufgeschoben. Werden Sie es denn jetzt noch annehmen? Kals: Nein, das ist nicht drin, daran denke ich im Moment gar nicht. Ich werde das Verdienstkreuz nur annehmen, wenn Calhan zurückkehren darf und hier in Deutschland die Duldung erhält. Ich bin sehr in Sorge um Calhan, denn ich befürchte, dass man ihn in der Türkei nicht in Ruhe lassen wird, wenn erst einmal etwas Gras über die ganze Geschichte gewachsen ist und das öffentliche Interesse nachgelassen hat. |