Göttinger Tageblatt, 03.11.2000

Schleuser-Prozeß

Im Prozesskomplex gegen ehemals fünf angeklagte Kurden aus dem Irak wegen gewerbs- und bandenmäßiger Schleusung von kurdischen Flüchtlingen nach Skandinavien (GT berichtete) ist im Landgericht das dritte Urteil gesprochen worden.

Ein 29-Jähriger ist wegen Mittäterschaft zu zweieinhalb Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden. Der Familienvater, der zunächst ein seinen Beitrag verharmlosendes Geständnis abgelegt hatte und dabei ein Brüderpaar als Haupttäter belastete, hatte zuletzt unter dem Eindruck im Gericht gehörter Telefonaufzeichnungen sein Geständnis erweitert.

Letztlich verurteilte das Gericht den nach dem Geständnis unter Zeugenschutz stehenden Mann im abgetrennten Verfahren wie angeklagt. Auch wenn die Geschleusten sich illegal in Deutschland aufgehalten hätten, die Täter also diesen gesetzeswidrigen Zustand gegen Geldzahlung ihrer Kunden beendet hätten, so das Gericht, sei der Tatbestand der Beihilfe zur Einschleusung von Ausländern erfüllt.

Das Urteil ist rechtskräftig. Platzt der Rest des Prozesses? Nunmehr stehen nur noch die beiden Brüder als mutmaßliche Haupttäter vor Gericht. Doch nur gegen einen wird derzeit verhandelt.

Weil der Anwalt des älteren Angeklagten Briefe mit Abspracheversuchen und Bedrohungen heimlich aus dem Gefängnis geschmuggelt hat, will ihn die Staatsanwaltschaft aus dem Prozess ausschließen lassen (GT berichtete).

Sollte das Oberlandesgericht innerhalb von 30 Tagen über den Antrag urteilen, könnte der seit April andauernde Prozess gerettet werden. Vorausgesetzt, im Falle eines Ausschlusses springt ein neuer Verteidiger ein. Andernfalls platzt das Mammutverfahren nach mehr als drei Dutzend Verhandlungstagen.

ck, Göttingen, 02.11.2000