Süddeutsche Zeitung, 4.11.2000 Ungeachtet des Ultimatums aus Jerusalem Neue Unruhen im Westjordanland Israelische Soldaten erschießen einen Palästinenser Jerusalem (SZ) - Ungeachtet der vereinbarten Waffenruhe ist es nach den muslimischen Freitagsgebeten abermals zu Straßenschlachten zwischen israelischen Soldaten und Palästinensern gekommen. Im Westjordanland erschossen Soldaten einen 25-jährigen Palästinenser. Am Grenzübergang Karni zum Gazastreifen fuhren wieder Panzer auf. Wegen des tödlichen Bombenanschlages vom Donnerstag war das Militär in höchste Alarmbereitschaft versetzt worden. Israels Sicherheitskabinett hatte den Palästinensern am Donnerstagabend eine Frist von 24 Stunden gesetzt, um die Gewalt zu stoppen. Der Sicherheitsberater von Regierungschef Ehud Barak, Danny Jatom, sagte aber, Israel werde die Einhaltung nicht mit der Stoppuhr kontrollieren. Man dürfe nicht erwarten, dass Palästinenserpräsident Jassir Arafat die Unruhen auf einen Schlag beenden könne. Der an einer Armee-Sperre am Rand der Stadt Tulkarem erschossene Palästinenser war das 175. Todesopfer seit Beginn der Unruhen Ende September. In Israel wurden die Kontrollen an belebten Plätzen verstärkt. Um Ausschreitungen am Jerusalemer Tempelberg zu verhindern, wurden nur Muslime über 45 Jahre zum traditionellen Freitagsgebet in die Al-Aksa-Moschee gelassen. Unterdessen flog eine Maschine der deutschen Luftwaffe mit sechs Ärzten an Bord in den Gazastreifen. Die Mediziner hatten den Auftrag, den Transport verletzter Palästinenser nach Deutschland vorzubereiten.
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