Frankfurter Rundschau, 4.11.2000 Barak und Arafat setzen auf Beruhigung Nach zugesagter Waffenruhe entspannt sich die Lage Die Konfliktparteien im Nahen Osten haben sich am Freitag darum bemüht, ihre Auseinandersetzungen zu entschärfen. Gleichwohl lieferten sich israelische Soldaten und Palästinenser nach dem traditionellen Mittagsgebet im Gaza-Streifen und im Westjordanland Straßenschlachten. JERUSALEM, 3. November (dpa/afp/rtr). Nach der zwischen Israel und den Palästinensern vereinbarten Waffenruhe versuchten beide Parteien am Freitag die Gewalt einzudämmen. Zwar demonstrierten nach dem Gebet in mehreren Städten im Westjordanland und im Gazastreifen abermals hunderte Palästinenser. Anders als bei den Ausschreitungen der vergangenen Wochen waren die Teilnehmer jedoch zumeist unbewaffnet. Im Westjordanland wurden nach palästinensischen Angaben zwei junge palästinensische Männer erschossen. Die israelische Armee teilte mit, den einen der Männer nicht getötet zu haben. Bei den übrigen Zusammenstößen setzten die Soldaten meist Tränengas gegen jugendliche Steinewerfer ein oder feuerten gezielt Stahlgeschosse mit Gummimantel auf die Beine der Angreifer. "Nach der Entscheidung von (Palästinenser-Präsident) Arafat für eine Waffenruhe haben wir unsere Leute angewiesen, keine Schusswaffen mehr zu benutzen", sagte ein örtlicher Anführer der Fatah-Organisation. Zuvor hatte der Führer der Fatah im Westjordanland, Marwan Barghouti, noch angekündigt, die "Intifada 2000" fortsetzen zu wollen. Er schränkte aber ein, man sich jetzt darauf beschränken wolle, Steine auf Soldaten zu werfen. Nach dem Bombenanschlag im Westteil der Stadt Jerusalem vom Donnerstag, bei dem zwei Israelis starben, wurden die Sicherheitsvorkehrungen in der Stadt massiv verstärkt. Für den Anschlag übernahm die radikale Palästinensergruppe "Islamischer Dschihad" (Heiliger Krieg) die Verantwortung. Die Organisation kündigte zugleich weitere Attentate in Israel an. Palästinenser-Präsident Yassir Arafat und führende Politiker seines Kabinetts verurteilten den Anschlag. Arafat bekräftigte zugleich, dass er die zwischen ihm und dem israelischen Regionalminister Schimon Peres ausgehandelte Waffenruhe verwirklichen wolle. Die israelische Regierung entschied in der Nacht zum Freitag, Arafat kein festes Ultimatum für die Umsetzung der Waffenruhe zu setzen. Der Sicherheitsberater von Ministerpräsident Ehud Barak, Dani Yatom, meinte, man gehe davon aus, dass die Palästinensische Autonomie-Behörde bemüht sei, die Vereinbarungen zu erfüllen. Er glaube, dass sich die Lage in den kommenden Tagen entspannen werde: "Ich weiß, dass die Palästinenser Anstrengungen unternehmen und die Absicht haben, die (besetzten) Gebiete wieder zu beruhigen", sagte Yatom. Er räumte ein, dass Arafat jetzt Zeit brauche, um die Lage in den Griff zu bekommen. Barak warnte die eigene Bevölkerung vor einer Überreaktion auf die jüngste Gewalttat. Sechs Ärzte der Bundeswehr flogen am Freitag von Köln aus in die Krisenregion. Sie sollen den Transport von rund 50 im Gazastreifen verletzten palästinensischen Kindern und Jugendlichen nach Deutschland vorbereiten. Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte diese Hilfe bei seinem Besuch am Mittwoch in Gaza PalästinenserPräsident Arafat versprochen.
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