web.de, 05.11.2000 16:20 Neue Hoffnungen und anhaltende Spannungen im Nahen Osten Barak und Arafat wollen nach Washington kommen - 50.000 erinnern an fünften Jahrestag des Rabin-Mordes - Erneut zwei Todesopfer bei Unruhen im Gazastreifen Jerusalem (AP) Trotz anhaltender Spannungen in den palästinensischen Gebieten haben am Wochenende geplante Friedensgespräche in Washington die Hoffnung auf ein Ende der seit fünf Wochen andauernden Unruhen genährt. Der israelische Ministerpräsident Ehud Barak und der palästinensische Präsident Jassir Arafat signalisierten ihre Bereitschaft, noch in dieser Woche mit US-Präsident Bill Clinton zusammenzutreffen. Bei neuerlichen Zusammenstößen im Gazastreifen wurden am Sonntag zwei Palästinenser von israelischen Soldaten erschossen, darunter ein 16-Jähriger. «Machen Sie der Gewalt ein Ende, und reichen Sie Ihre Hand zum Frieden!» rief Barak am Samstagabend an Arafat gewandt aus. «Wir werden uns der Gewalt nicht beugen und unsere Bürger und Soldaten überall verteidigen», sagte er unter dem Beifall von 50.000 Menschen, die zu einer Gedenkkundgebung an den fünften Jahrestag der Ermordung von Jizchak Rabin in Tel Aviv zusammenkamen. Dort wurde der damalige Regierungschef von einem orthodoxen Religionsstudenten erschossen, nachdem er sich mit den Palästinensern auf einen Grundlagenvertrag mit dem Motto «Land gegen Frieden» verständigt hatte. Arafat will nach Informationen aus seinen Regierungskreisen am Donnerstag in die USA fliegen, während Barak ein bis zwei Tage später dort erwartet wird. Bei den getrennten Gesprächen mit Clinton soll es um die Bekräftigung des Gewaltverzichts gehen, wie er beim Gipfeltreffen im ägyptischen Badeort Scharm el Scheich am 17. Oktober vereinbart wurde. Außerdem sollen Möglichkeiten zur Wiederaufnahme der Friedensgespräche erkundet werden, für die Barak wegen der anhaltenden Unruhen eine Denkpause verkündet hat. Arafat verlangt Einhaltung von Zusagen Der israelische Außenminister Schlomo Ben Ami sagte in Washington, die Gespräche seien ein Versuch der USA, «zu sondieren, wie der Friedensprozess vorangebracht werden kann». Barak versprach, die Friedensbemühungen fortsetzen zu wollen: «Wir sind stark genug, um an beiden Fronten zu kämpfen: Der Schlacht für den Frieden und den Kampf gegen Gewalt und Terror.» Arafat warf Israel vor, die Vereinbarungen von Scharm el Scheich noch nicht umgesetzt zu haben. So sei die Belagerung palästinensischer Städte nicht beendet und der Flughafen von Gaza noch nicht wieder geöffnet worden. Im Gazastreifen kam es am Sonntag in der Nähe des Flüchtlingslagers El Bureidsch erneut zu schweren Zusammenstößen zwischen israelischen Soldaten und militanten Palästinensern. Ein 16-Jähriger erlag einer Schussverletzung am Kopf, wie Klinikärzte mitteilten. Außerdem wurden zehn Menschen verletzt. Bei einem weiteren Zwischenfall im Gazastreifen wurde ein zweiter Palästinenser getötet. Bei Unruhen am Rand von Bethlehem wurden am Sonntag sieben Palästinenser verletzt, einer von ihnen schwer. Bereits am Samstag waren bei den Unruhen 60 Menschen verletzt worden. Die Unruhen im Westjordanland und im Gazastreifen haben seit dem 28. September etwa 170 Menschen das Leben gekostet, unter ihnen zumeist Palästinenser. Begonnen hat die Welle der Gewalt nach einem Besuch des rechtsgerichteten israelischen Politikers Ariel Scharon auf dem Tempelberg in Jerusalem, der von den Palästinensern als Provokation empfunden wurde.
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