taz berlin 8.11.2000 Kurdenproteste vor Gericht Erstmals stehen sechs KurdInnen vor dem Landgericht, die bei den Ereignissen am israelischen Generalkonsult im Gebäude waren. Einer der Vorwürfe: Freiheitsberaubung Rund zwanzig Monate nach der Besetzung des israelischen Generalkonsulats in Berlin stehen erstmals Kurden vor Gericht, die während der dramatischen Ereignisse im Gebäude waren. Fünf junge Männer und eine inzwischen 17-jährige Frau müssen sich seit gestern wegen schweren Landfriedensbruchs und Freiheitsberaubung vor dem Landgericht verantworten. Die Beschuldigten im Alter von 17 bis 21 Jahren sollen laut Anklage eine Mitarbeiterin des Konsulats in Wilmersdorf rund zwei Stunden in ihrer Gewalt gehabt haben. Sie sollen sich mit der Frau in einem Zimmer im ersten Stock des Gebäudes verbarrikadiert haben. Nach Angaben der Verteidigung haben sich die Angeklagten "aus Todesangst vor den wild um sich schießenden Sicherheitskräften in dem Raum verschanzt, nicht aber, um die Angestellte einzusperren". Die Angeklagten hätten das Gebäude erst betreten, nachdem die ersten Schüsse gefallen seien, um nach ihren Landsleuten zu sehen. Nach Verlesung der Anklage schloss Richterin Gabriele Eschenhagen zum Schutz der Jugendlichen die Öffentlichkeit aus. Am ersten Verhandlungstag sagte die seinerzeit 15-jährige Angeklagte aus, die ihre drei Jahre ältere Schwester Sema Alp durch Schüsse in Kopf und Bauch verlor. Die Schülerin hat nach Angaben ihrer Anwältin einen Sicherheitsbeamten mit vorgehaltener Waffe stehen sehen. Die beiden Konsulatsangehörigen hatten sich seinerzeit auf Notwehr berufen. Die Ermittlungen gegen sie sind eingestellt worden. Verteidiger Volker Ratzmann will die Männer unbedingt als Zeugen hören, sieht aber wenig Chancen für die Anreise aus Israel. Im Zusammenhang mit den Protestaktionen von Kurden gegen die Inhaftierung des inzwischen in der Türkei zum Tode verurteilten damaligen Separatistenführers Abdullah Öcalan sind in Berlin bisher rund zehn Prozesse geführt worden. Die Urteile der Richter: Bewährungsstrafen bis zu zwei Jahren oder Freisprüche. Der Prozess gegen die sechs Angeklagten ist bis Dezember terminiert, er wird am Freitag fortgesetzt. DPA
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