DER STANDARD, 9. November 2000 Zypern bleibt nach wie vor ein Stolperstein für alle Kandidaten Brüssel - Ginge es rein nach wirtschaftlichen Kriterien, könnte die Europäische Union mit Malta und Zypern praktisch sofort zwei neue Mitglieder aufnehmen. Beide erfüllten die Voraussetzungen, hätten eine funktionierende Marktwirtschaft ebenso wie eine Wirtschaftsstruktur, die in der Lage ist, dem Wettbewerbsdruck stand zu halten, so der am Mittwoch vorgestellte "Fortschrittsbericht". Malta habe mit seinen rund 380.000 Einwohnern zwar noch das zu hohe Budgetdefizit in den Griff zu bekommen und müsse seine Anstrengungen zur Anpassung der Verwaltungsstrukturen vergrößern. Sonst stünde dem Weg nach Brüssel wenig entgegen. Was die Auswirkungen auf das EU-Budget betrifft, fallen die beiden Inseln (Zypern hat rund 750.000 Einwohner) ohnehin nicht ins Gewicht. Dennoch könnte das geteilte Zypern sich am Ende des Tages noch als der größe Stolperstein bei der Erweiterung erweisen, sollte es nicht gelingen, die Probleme zwischen Türken und Griechen zu lösen. Griechenland hat bei mehreren Anlässen in den vergangenen Jahren seinen EU-Partnern ultimativ damit gedroht, die gesamte EU-Erweiterung zu blockieren, sollte nicht ein ungeteiltes Zypern in die Gemeinschaft aufgenommen werden. Genau das Gegenteil - die Abspaltung des 1974 besetzten türkischen Nordteils - betreibt aber die Türkei, die damit auch seine eigenen Beziehungen zur Union belastet beziehungsweise damit Zugeständnisse junktimiert. Eine Lösung erhofft man sich in Brüssel durch die Verhandlungen ("Annäherungsgespräche"), die seit Jahren vor der UNO als Schiedsrichter in dem Streit geführt werden. Bisher ist ein Ergebnis jedoch nicht in Sicht, auch wenn es bereits "bedeutende Fortschritte" gegeben habe, wie es im Kommissionsbericht heißt. Mit persönlichem Einsatz will nun UN-Generalsekretär Kofi Annan Verhandlungen zum entscheidenden Durchbruch verhelfen. In Genf traf er am Mittwoch mit dem griechisch-zypriotischen Präsidenten Glafkos Klerides zusammen. (tom)
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