Neue Zürcher Zeitung (CH), 13.11.2000 Islam-Gipfel im Zeichen der Intifada Prägende Reden Arafats und Khatamis Der Gipfel der Islamischen Konferenzorganisation (ICO) hat am Sonntag mit Aufrufen zur Unterstützung des Palästinenseraufstands begonnen. Der iranische Präsident Khatami und der PLO-Führer Arafat forderten entschlossene Solidarität aller ICO-Staaten und verurteilten Israels Unterdrückungsstrategie. vk. Limassol, 12. November Die neunte Gipfelversammlung der Islamischen Konferenzorganisation (ICO) hat sich am Sonntag zum Intifada-Gipfel erklärt und eigens eine Sondersitzung für die Unterstützung des Aufstands anberaumt. Der iranische Präsident Khatami, der ICO-Vorsitzende der letzten drei Jahre, forderte in seiner Eröffnungsansprache die Räumung aller israelisch besetzten Gebiete und die Rückkehr sämtlicher Palästinaflüchtlinge als Grundlage für einen angemessenen Nahostfrieden. Yasir Arafat gelobte, die Intifada so lange weiterzutreiben, bis Freiheit, Unabhängigkeit und Souveränität seines Volks errungen seien. Hochkarätige Teilnehmer Der katarische Gastgeber, der Emir Hamed ibn Khalifa, konnte nach einigen erzwungenen Bereinigungsmassnahmen in letzter Minute schliesslich ein hochkarätiges Gremium begrüssen. Der iranische Präsident, der saudische Regent und andere Staatschefs hatten ihre Teilnahme offen davon abhängig gemacht, dass die israelische Handelsvertretung in der katarischen Hauptstadt Dauha geschlossen werde. Nachdem Hamed sich am Freitagabend dem Druck gebeugt hatte, reisten am Samstag insgesamt 29 Präsidenten und Herrscher an, die meisten anderen der 56 Mitgliedländer sind durch ihre Regierungschefs oder andere Spitzenpolitiker vertreten. Auch der syrische Präsident Bachar al-Asad kam, doch der ägyptische Präsident Mubarak hielt sich fern, wahrscheinlich um allzu scharfen Entschliessungen auszuweichen; die libysche Delegation kehrte dem Gipfel aus dem umgekehrten Grund beim Vorbereitungstreffen am Samstag in Dauha den Rücken. Angespornt durch die Iraner und die Syrer, haben die Aussenminister einen gesonderten Aksa-Appell vorbereitet, der alle Mitglieder zum Abbruch ihrer Beziehungen zu Israel auffordert. Der Wunsch dieser Initianten und auch der Palästinenser ist es, einen schärferen Massnahmenkatalog als denjenigen des arabischen Dringlichkeitsgipfels von Mitte Oktober zu verabschieden. Die restlichen über 70 Anliegen der Tagesordnung, darunter die Irak-Sanktionen, eine Afghanistan-Vermittlung sowie Kosovo und Tschetschenien, werden hintangestellt. «Bedrohte heilige Stätten in Jerusalem» Sheikh Hamed erinnerte die Versammlung daran, dass heute ähnlich wie 1969 bei der Gründung der ICO die heiligen Stätten in Jerusalem bedroht seien; damals war es ein vereitelter Brandanschlag jüdischer Fanatiker auf die Aksa-Moschee. Khatami redete den Staatschefs ins Gewissen, dass die Umma, die Gemeinschaft der Gläubigen, noch immer auf ihren entschlossenen Beitrag zur Intifada warte. Arafat hielt die ICO-Mitglieder dazu an, ihren Arbeitsmarkt den Palästinensern zu öffnen, welche unter «totaler israelischer Belagerung» litten. Weiter rief er nach Investitionen in «Palästina» und nach Belebung des Güteraustauschs. Uno-Generalsekretär Annan richtete als besonderer Gast einige Grussworte an die Versammlung, doch waren ihm wegen Rücksichtnahme auf Amerika und Israel die Hände gebunden. Er beliess es bei der Ermahnung, Gewalttätigkeit und Feindseligkeit sollten nicht gefördert, sondern friedliche Wege beschritten werden. Das Gipfeltreffen soll drei Tage dauern. |