Frankfurter Rundschau, 14.11.2000 CSU will Asylrecht einschränken Engere Zuwanderungsregeln verlangt als die CDU / Stoiber kritisiert Spiegel Die CSU schlägt in der Zuwanderungspolitik einen deutlich schärferen Kurs ein als ihre Schwesterpartei CDU. Das CSU-Präsidium hat am Montag in München ein eigenes Papier vorgelegt, das unter anderem Einschränkungen des Asylgrundrechts fordert. Laut SPD-Generalsekretär Franz Müntefering strebt die SPD eine Neuregelung der Zuwanderung bis Ende 2001 an. MÜNCHEN / BERLIN, 13. November (ih/dpa/rtr). Der CSU-Chef und bayerische Minsterpräsident Edmund Stoiber sagte nach der Präsidiumssitzung: "Deutschland ist kein klassisches Einwanderungsland und darf es auch künftig nicht werden." Damit geht die CSU auf Distanz zur CDU, deren Papier Deutschland de facto als Zuwanderungsland anerkennt. In den vom bayerischen Innenminister Günther Beckstein vorgelegten zwölf "Thesen zur Zuwanderungspolitik" sind zudem die Aussagen zum Thema Asyl wesentlich konkreter formuliert als im CDU-Papier. Beide Parteien wollen das Asylverfahren verkürzen: Stoiber sprach von einem halben Jahr, die CDU strebt ein Jahr an. Die CSU fordert darüber hinaus eine Umwandlung des Asyl-Grundrechts in eine institutionelle Garantie und ein "vereinfachtes Verfahren" mit "unabhängigen Beschwerdeausschüssen". Dazu müssten die Grundgesetz-Artikel 16 und 19 geändert werden. Zudem heißt es in Becksteins Thesen: "Gesetzliche Regelungen, die den Asylmissbrauch fördern, wie etwa ein erhöhter Sozialhilfebezug nach längerer Verfahrensdauer, müssen abgebaut werden." Zulassen will die CSU Zuwanderung, die "wirtschafts- und arbeitmarktpolitisch begründet" sowie "aus humanitären Gründen geboten" ist. Der Zuzug von Fachkräften, Unternehmern und Wissenschaftlern soll in einer jährlichen "Quote für Arbeitsmigration" festgelegt werden, und zwar von der Bundesregierung "mit Zustimmung des Bundesrates". Zudem soll nach den Vorstellungen der CSU das Nachzugsalter für Kinder von derzeit 16 auf höchstens 10 Jahre gesenkt werden. Die Parteispitze setzte eine Kommission unter Leitung Becksteins ein, die bis Frühjahr 2001 einen Entwurf für ein "Zuwanderungssteuerung- und -begrenzungsgesetz" erarbeiten. Am Ende soll ein gemeinsamer Entwurf von CDU und CSU stehen, und darin sieht Stoiber auch keine Probleme. Die Papiere glichen sich zu 95 Prozent, sagte er. Auch der umstrittene Begriff "Leitkultur" findet sich im CSU-Papier wieder. Grundlage für das Zusammenleben von Deutschen und Ausländern sei "unser europäisch-abendländisches Wertefundament - in den Wurzeln Christentum, Aufklärung und Humanismus - als Leitkultur". Stoiber entgegnete auf die Kritik des Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, wer den Begriff "Leitkultur" so verstehe, "als wäre er ein Aufruf zum Anzünden von Synagogen, dem müssen wir deutlich machen, dass er damit seiner eigenen Sache schadet." Unterdessen forderten die Grünen-Vorsitzende Renate Künast, die Debatte über ein Einwanderungsgesetz müsse bald beginnen, um vor der Bundestagswahl 2002 zu Regelungen zu kommen. Der Grünen-Parteirat hatte zuvor unter dem Motto "Multikulturelle Demokratie" Eckpunkte zur Regelung der Zuwanderung beschlossen. Die Einbeziehung von Asylbewerbern unter eine Quote von Zuwanderern wird abgelehnt. Zur Gestaltung der Einwanderung gehörten zwingend der Pluralismus der Kulturen sowie die Vereinbarung grundlegender Regeln des Zusammenlebens, erläuterte Künast den Begriff "multikulturelle Demokratie". UNHCR rügt Industrieländer GENF (dpa). Das UN-Flüchtlingskommissariat (UNHCR) hat scharfe Kritik an der Flüchtlingspolitik der Industrieländer geübt. Bei der Verschärfung ihrer Asylpolitik hätten die reichen Länder verkannt, dass viele Flüchtlinge wirklich auf den Schutz vor Verfolgung angewiesen sind. Das "Stigma der Asylsuchenden als Kriminelle" werde so verstärkt, heißt es in einem UNHCR-Report. |