Neue Zürcher Zeitung (CH), 16.11.2000 Bedingungen für einen EU-Beitritt der Türkei Entschliessung des Parlaments uth. Strassburg, 15. November Die von der Türkei angestrebte Mitgliedschaft in der Europäischen Union wird von den Abgeordneten des EU-Parlaments an drei Voraussetzungen geknüpft: die generelle Achtung der Menschenrechte, verbunden mit dem Schutz der Minderheiten, insbesondere der Kurden, die Lösung der Zypernfrage und eine Änderung der Verfassung mit dem Ziel, den Einfluss der türkischen Armee auf politische Entscheidungen und Entwicklungen zu verringern. Mit dieser Entschliessung reagiert das Parlament auf den von der Kommission vorgelegten Bericht zu den Fortschritten der Türkei auf dem Weg zum Beitritt zur EU. Ausserdem verlangen die Abgeordneten, dass die Türkei endlich auch den zu Beginn des Jahrhunderts begangenen Völkermord an den Armeniern des Landes anerkenne. Angesichts der noch bestehenden Defizite sei klar, sagte der französische Berichterstatter Philippe Morillon, dass die Türkei die Kriterien von Kopenhagen zur Achtung der Menschenrechte, zur Rechtsstaatlichkeit und zur vollwertigen Demokratie noch nicht erfülle. Lediglich das Erfüllen der Forderung nach einer funktionierenden Marktwirtschaft, die dem Wettbewerbsdruck in der EU standhalten könne, billigte er Ankara zu. Anderseits wird in dem Bericht des Parlaments durchaus anerkannt, dass die Türkei, seit ihr im vergangenen Dezember am EU-Gipfel in Helsinki der Status eines Beitrittskandidaten zugebilligt wurde, erhebliche Anstrengungen zur Verbesserung der Menschenrechtssituation unternommen habe. Auch sei bald mit einer Abschaffung der Staatssicherheitsgerichte zu rechnen. Regierung und Parlament der Türkei werden aufgefordert, die kürzlich unterzeichneten Konventionen der Vereinten Nationen über die politischen, bürgerlichen, sozialen und kulturellen Rechte zu ratifizieren. Ausserdem soll Ankara die Todesstrafe möglichst bald abschaffen und bis zu diesem Zeitpunkt das Moratorium absichern. Begrüsst wird von den Parlamentariern die Verabschiedung des Gesetzes zur Aufschiebung der Ahndung strafbarer Handlungen bei Presse- und Rundfunkveröffentlichungen.
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